einen der anspruchsvollsten, aber auch in gewisser weise beeindruckendsten filme meines bisherigen lebens gesehen und ich muss euch jetzt einfach teilhaben lassen. angefangen hat alles mit einem videothek-besuch von mir uns meiner ex, bei der wir uns eine dvd leihen wollten die uns beide für den abend anspricht und mal "was anderes" ist. sie lief natürlich zu den komödien, ich jedoch standardmäßig zu den thrillern und der sci-fi abteilung. hier und da gestöbert, und dann sah ich ihn. "A Scanner Darkly".
ich erkannte das cover sofort, da ich vor ca. einem halben jahr den trailer des films auf apple trailers gesehen hatte und dachte mir als erstes: "WIESO - hast du ihn nicht im kino gesehen?". dann kam mir aber der gedanke dass er bei uns wohl gar nicht im kino angelaufen ist(was sich dann, wenn meine informationen stimmen, auch als korrekt erweisen sollte). egal. mir war sofort klar, dass er es sein muss und da meine begleitung meine recht ausgeprägten filmkenntnisse kannte, willigte sie nach der frage der schauspieler("Keanu Reeves, Robert Downey Jr., Woody Harrelson und Winona Ryder") und dem zusätzlichen lesen der rückseite auch ein. sehr glücklich, wie sich hinterher herausstellte.
okay, nun genug der vorgeschichte und zum film selbst. ich beginne, euch mal mit ein paar fakten zu bewerfen, die schon von sich aus eine recht deutliche sprache sprechen:
Der film basiert auf dem buch "A Scanner Darkly" von Philip K. Dick. jeder, der sich
hier mal umsieht, oder selbst ein kenner von sci-fi/thriller literatur & filmen ist, wird lesen/wissen, dass Dick der Autor der Vorlagen zu:
- Ridley Scott's (Alien, Gladiator, Hannibal, Black Hawk Down) "Blade Runner" (Harrison Ford, Rutger Hauer)
- Paul Verhoeven's (Robocop, Basic Instinct, Hollow Man, Starship Troopers) "Total Recall - Die totale Erinnerung" (Schwarzenegger, Sharon Stone)
- Steven Spielberg's(Schindlers Liste, Jurassic Park, AI, ka - genug) "Minority Report" (Tom Curise, Max von Sydow)
und zufälliger Weise gerade im Kino
- Lee Tamahori's (grade entdeckt: Bond 20 - Stirb an einem anderen Tag, xXx 2) "Next" (Nicolas Cage, Juliane Moore)
ist. das heißt er war/ist im prinzip der richtige schöpfer all dieser werke. ich fande blade runner, total recall als auch minority report alle drei sehr sehr stark - mit spannung, story, einem guten cliffhanger am ende und vorallem: aussage. alle drei haben mich zum nachdenken angeregt und alle waren mehr oder weniger sci-fi mäßig angehaucht plus spielten in der zukunft. auch "A Scanner Darkly" ist dies.
Der Film handelt von einem Undercover-Cop(Reeves) der für die Regierung Drogendealer der weit verbreiteten "Substanz D"(in der deutschen Synchro leider "Substanz T" genannt, um Sinn zu machen[den man erst versteht wenn man den film gesehen hat - hätte sich mit "D" schlecht realisieren lassen]) aufspüren und verhaften soll. Er spielt sieben Jahre in der Zukunft(also in recht absehbarer). Reeves alias Bob Arctor(auf Arbeit anonym in einer Art Tarnanzug und dort immer nur "Fred" genannt) selbst nimmt diese Droge auch, um nach außen authentischer zu wirken, hat aber auch noch ein Privatleben in dem er selbst hauptsächlich mit (mehr oder minder schon durchgedrehten - Downey Jr., Harrelson --> perfekte besetzung) Abhängigen rumhängt. Irgendwann bekommt er von seinem Vorgesetzten(auch in Tarnanzug) aber den Auftrag gegen sich selbst, also sein Alter Ego Bob, zu ermitteln, was sich aber als kompliziert erweist, da er sich selbst ab sofort rund um die Uhr beschatten muss und alles speichern und kommentieren soll.
Die Story ist sehr vielfältig und bietet sehr viel Gesprächsstoff für "danach". Anfangs ist sie auch etwas schwer zugänglich, da man ohne Vorinformationen noch nicht so richtig weiß um was es geht, und was der Regisseur bzw der Autor, mit alledem vorhat. In der Mitte des Films gibt es auch stellen wo man denken mag "wo bin ich hier reingeraten", aber man sollte ihn komplett schauen, erst dann kann man alles ergründen. Auch sollte man sich nicht so sehr an den Nebenrollen aufziehen die alle sehr konfus zu sein scheinen und teilweise richtig paranoid agieren oder absolut sinnfreie Dialoge führen ([URL=http://www.filmstarts.de/produkt/38452,A%20Scanner%20Darkly.html]hier[/URL] in der filmstarts.de Review sehr gut beschrieben), denn nach und nach setzen sich alle Puzzleteile der Story zu einem großen Ganzen zusammen und man versteht den Sinn und die Aussage.
Der Film handelt, ganz kurz gesagt, von den Abgründen des Drogenkonsums(unschwer zu erkennen), der Überwachung eines jeden Menschen durch den Staat(Ortung und Aufzeichnung jedes Handytelefonates aller Menschen, Videoüberwachung und ständige Lokalisierungsmöglichkeit des Einzelnen) und der Unterdrückung bzw der "Kontrolle" des Volkes durch ein übergeordnetes, kapitalistisches System/Regime, dem jedes Mittel Recht ist. Alles in allem eine reine Kritik an der Gesellschaft, und speziell an der heutigen Regierung(bzw dem Pfad den sie einschlägt, z.b. bezüglich Überwachung), was ich sehr mutig finde und erstmal komplett erfasst werden muss durch den Zuschauer.
Ich möchte aber nocheinmal betonen, dass er sehr anspruchsvoll ist. erstens natürlich durch den visuellen Stil des films, der ersteinmal abschreckt. die technik nennt sich "Rotoskopie" und verwandelt den fertigen film nach dem dreh in einen optisch "comic-artigen" stil. recht gewöhnungsbedürftig auf den ersten blick, aber gleichweg auch sehr stylish. nach zehn minuten film hat man sich dran gewöhnt und merkt es schon fast gar nicht mehr. und zweitens durch seine versteckten mitteilungen die er an den zuschauer macht, durch die vertrackten charaktere die alle mehrere identitäten zu haben scheinen, durch die ständigen psychosen und den wandel von realität und wirklichkeit während mehreren szenen. "Donnie Darko", "Vanilla Sky" oder "Der Maschinist" lassen grüßen.
wem solche filme gefallen, oder wer gerne nachdenkt bei einem film, beziehungsweise kein "waynes world" als sein eigenes "alltags-film-niveau" ansieht, kann sich gern mal "A Scanner Darkly" zu gemüte führen, und wird hoffentlich genießen, was ich gerade genießen durfte.
aber bitte, bitte leiht euch die original dvd. die bildqualität muss in vollem maße ausgeprägt sein und außerdem sind die extras der abolute knüller. zum offiziellen trailer(
hier) gesellt sich ein _unabdingbares_ "The Story of Filming A Scanner Darkly", was eine Art making of darstellt, welches mit abstand das beste ist, das ich jemals gesehen habe. alle charaktere inklusive schauspieler werden nocheinmal vorgestellt, erläutert und ihr sinn erklärt. auch dick selbst spricht(zusammengeschnitten aus alten interviews mit ihm), der regisseur natürlich, und sogar dicks töchter. abschließend werden nochmal die einzelnen aussagen des films aufgelistet und runden somit einen perfekten filmabend ab. zusätzlich kann man am tag darauf dann _den kompletten film_ nocheinmal mit regisseur- und schauspielerkommentar anschauen - absolut spitzenmäßig.
gut, genug der vorreden. leiht in euch, und vielleicht erlebt ihr das selbe wie ich, und könnt noch einiges für euer wahres leben aus dem filmkontext mitnehmen. feedback ist immer gern erwünscht.
hier nocheinmal, für alle die vielleicht nicht alles gelesen haben(sehr schade für sie), die wichtigsten links:
- filmstarts.de review --> [URL=http://www.filmstarts.de/produkt/38452,A%20Scanner%20Darkly.html]hier[/URL]
- imdb.com(7.3) -->
hier
- trailer -->
hier (tipp: am besten den HD "720p" anschauen. zwei mal klicken wenn er sich beim ersten mal nicht öffnet. es lohnt sich.)
gut, ich geselle mich dann mal wo anders hin, und hoffe ich konnte einen netten dvd-tipp für euch abgeben

MfG
Euer Seraph
EDIT:
ich habe gerade noch bei imdb zwei abschließende zitate von usern gefunden, die es ganz gut beschreiben:
1. "I mean, I loved it, but I know it's an either love it or hate it film."
also wenn einem der visuelle stil nicht zusagt nach 30minuten und man geistig bzw in sachen komplizierten filmen/büchern zu schwach ist der handlung zu folgen und mehrmals selbstständig schlüsse zu ziehen, dann wird man ihn hassen. kann ich mir gut vorstellen^^ andererseits wird man wohl, hoffe ich, der meinung dieses jungen herren hier sein:
2. "one of the more imaginative, thoughtful, complex[,] possible 'cult' films of the decade"
anstatt more hätte ich wohl most geschrieben, aber es trifft es schon ganz gut. meiner meinung nach.
also viel spaß,
MfG
EDIT 2:
sry echt für diesen ellenlangen thread, echt krass, aber diese (recht kurze) rezension MUSS ich noch quoten, sie trifft es einfach nochmal (wesentlich knapper als ich) auf den punkt:
im Original von einem Top10(!) Rezensenten von Amazon.de:
2006 drehte Richard Linklater den Film A Scanner Darkly". Er verpflichtete so bekannte Schauspieler wie Keanu Reeves, Rory Cochrane, Robert Downey Jr., Woody Harrelson und Winona Ryder. Im Anschluss an die Dreharbeiten ließ er den gesamten Film am Computer mit dem so genannten Rotoshop-Verfahren" einscannen und Bild für Bild zu einem Animationsfilm umarbeiten. Diese Rotoskopie macht aus den realen Personen, den Hintergründen und Szenarien Bilder, die seltsam schwanken zwischen Zeichentrick und realen Aufnahmen. So sind sämtliche Schauspieler sehr gut zu erkennen, Autos, Häuser und bewegte Bilder ebenso. Gleichzeitig ist der Verfremdungseffekt so stark, dass sie wie belebte Comicfiguren wirken.
Der Film erzählt die melancholisch-tragische Geschichte eines Mannes, der sein Leben und seinen Verstand zu opfern bereit ist, um der Allgemeinheit einen Dienst zu erweisen und dem Kampf gegen Drogen zum Sieg zu verhelfen. Er fasziniert vom ersten Augenblick an. Nicht nur die ungeheuer spannende, einmalige Animationstechnik, auch die faszinierende, traurige Geschichte begeistert und fesselt den Zuschauer an den Bildschirm.
Die Geschichte basiert auf einem Roman von Phillip K. Dick. Er verarbeitete in ihr eigene Drogenerfahrungen und karikiert den brutalen, kompromisslosen und völlig erfolglosen Versuch der Politik und der Polizeibehörden in den siebziger Jahren, Herr über die Drogenwelle zu werden, die die USA damals überschwemmte.
Doch auch in Zeiten von Ecstasy und anderen synthetischen Drogen ist der Film erschreckend aktuell. Er rüttelt auf und erschüttert nachhaltig. Die Story ist in all ihrer Banalität und schonungslosen Offenheit ein Musterbeispiel für ein modernes Drama, das weitab von Hollywood-Filmen und Happy Ends versucht, die Wirklichkeit abzubilden.
Dank den hervorragenden Schauspielern, der behutsam gekürzten und dramaturgisch angepassten Romanvorlage von Dick und der faszinierenden technischen Umsetzung als Animationsfilm ist dieser Film ein herausragendes Beispiel für innovatives, spannendes und intellektuell forderndes Kino. Die schärfste Kritik, die man an diesem Film üben kann ist zugleich Ausdruck seiner Einmaligkeit: die Dialoglastigkeit und oft philosophische Tiefe der Auseinandersetzung der Personen untereinander und mit sich selbst. Sie ist komplex, manchmal schwierig zu verstehen und verstörend zugleich - für manchen Betrachter ein Ärgernis, für andere eine Offenbarung.
Die DVD, deren Bild vorbildlich ist, wartet mit zahlreichen Audiokommentaren und einer sehr interessanten Dokumentation über das verwendete Rotoscoping-Verfahren auf."
MfG