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Jacques Derrida wird in der taz mit der Schlagzeile "Jacques Derrida ist tot. Oder?" verabschiedet. Rene Aguigah erkennt, dass Derrida seine Leser wie kein anderer zeitgenössischer Autor auf den Tod vorbereitet hat. "Es gibt Leser, die bei Derrida jenen Trost suchen, den es nicht geben kann - und um den die Beerdigungsroutinen in Kirche und Massenmedien selten ringen." Rudolf Balmer registriert die Reaktionen in Frankreich: alle sind betroffen, kaum einer kennt aber Derridas Werk. Niels Werber erläutert Derridas Methode der dekonstruktiven Lektüre. Marco Stahlhut weist darauf hin, dass Derrida der Originalität wegen auch mal "forcierte Fehllektüre" betrieb.
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Frankfurter Rundschau, 11.10.2004
Das Feuilleton ist heute fast vollständig dem verstorbenen Jacques Derrida (mehr zu seinen deutschen Veröffentlichungen) gewidmet. Christina Schlüter resümiert Leben und vor allem die hohen Wellen, die sein Denken geschlagen hat. "Im Ergebnis verschwendeten solche Zankereien wertvolle intellektuelle Ressourcen. Ganze Generationen von epigonalen Verteidigern wurde so ins Brot gesetzt - Derrida wusste sich zu wehren und gab so immer wieder neuen Anlass für allfällige Invektiven. Aus dem Blick geriet dabei allerdings sein fortgesetztes Schaffen, vor allem aber auch sein politisches Engagement, seine Rolle als Mahner und Kämpfer für die Menschenrechte." Der Philosoph Axel Honneth beleuchtet im Weiteren das Verhältnis zu Walter Benjamin, sein Kollege Christoph Menke betont Derridas Bedeutung als Metaphysiker. Harry Nutt kommentiert den Kult, der um Derrida entstand, und Christine Pries stellt die Bescheidenheit des "letzten Franzosen" heraus.
Jürgen Habermas hofft in seinem Abschiedsgruß, dass Derrida in Deutschland noch mehr "klärende Wirkung" entfaltet. Persönlich erinnert er sich wohlwollend an den französischen Kollegen. "Er war anders, als man erwartete - eine ungemein liebenswürdige, fast elegante, gewiss verletzbare und sensible, aber gewandte und, sobald er Vertrauen gefasst hatte, sympathisch offene, eine freundliche und zur Freundschaft bereite Person. Ich bin froh, dass Derrida wieder Vertrauen gefasst hat, als wir uns hier in der Nähe Chicagos, in Evanston, von wo aus ich ihm diesen letzten Gruß zuschicke, vor sechs Jahren wiedersahen."
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Nam« (11.10.2004, 22:08)
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