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27.06.2011, 18:27

Leben wir in einer Computerwelt?

Das Original habe ich im Ars Regendi Forum gepostet, aber ich will es niemandem hier vorenthalten: Ein Philosoph misst der Möglichkeit, dass wir in einer Computersimulation leben, eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit bei, wie das Handelsblatt berichtet.

Zitat

Sollte die Menschheit lange genug überleben, wird sie irgendwann in der Lage sein, hochkomplexe Computerwelten inklusive denkender und handelnder Personen zu simulieren, so Bostrom. Was läge da näher, als virtuelle Zeitreisen anzubieten und die Vergangenheit der Menschheit zu simulieren, sei es zur Unterhaltung oder aus Forschungsgründen? Von diesen Vergangenheits-Simulationen könnte es in ferner Zukunft nahezu unendlich viele geben.


Dem kann man nicht viel entgegenhalten. Völliger Mindfuck. :wacko:

2

27.06.2011, 19:06

dem könnte man zum Beispiel entgegenhalten, dass es eine reine Glaubensfrage ist, weil nicht überprüfbar. Mit derselben Berechtigung kann man auch an den himmlischen Schöpfer und das Paradies oder das Flying Spaghetti Monster glauben...

Im Moment ist es auf jeden Fall mit der künstlichen Intelligenz nicht sehr weit her, es gibt genug Computerforscher, die die unausweichliche Dominanz der KIs als Humbug abtun:

Interview mit David Gelernter

Zitat

Das Gehirn ist radikal anders aufgebaut als ein Computer. Physik und Chemie sind fundamental für seine Aktivität. Das Gehirn bewegt Signale mit Hilfe einer Reihe unterschiedlicher Neurotransmitter von Neuron zu Neuron. Es besteht aus Zellen mit bestimmten Eigenschaften, gebaut aus bestimmten Proteinen. Es ist ein ausgesprochen kompliziertes Stück Biologie. Der Computer dagegen ist eine rein elektronische Maschine, die aus Halbleitern und anderem Krimskrams besteht. Ich kann das Gehirn genauso wenig auf einem Computerchip replizieren wie Orangensaft. Für den Saft brauche ich eben eine Orange.
:whistling:

3

27.06.2011, 19:20

Ich glaube, es ist auch eine physikalische Frage.

Kann ein Computer so viele verschiedene Zustände annehmen, die es ihm erlauben ein, oder mehrere Universen zu berechnen, die so groß sind, dass darin ein Computer gebaut werden kann, der ein oder mehrere Universen berechnen kann?

Erst wenn das geklärt ist, kann sich auch unsere Frage klären.

Aber die Frage kam auch schon auf, als es darum ging, ob es neben unserem Universum auch andere Universen gibt. Wenn es unendlich viele Universen neben unserem gibt, dann ist die Wahrscheinlichkeit in einem virtuellen Universum in einem von unendlich vielen Universen zu leben eben auch sehr groß.

4

27.06.2011, 19:29

Naja, der Computer müsste ja nicht das ganze Universum berechnen, sondern nur dass, was wir erleben.

5

27.06.2011, 20:51

Ne, dann wäre das ganze ja nur eine abgewandelte Form von "ist das Leben ein Traum und sind die anderen Menschen überhaupt echt?"

6

27.06.2011, 21:45

Kein Traum ohne Realität! :cursing:

7

28.06.2011, 00:17

Habt ihr alle die blaue Pille genommen oder wtf.^^

8

28.06.2011, 10:15

Sollte die Menschheit lange genug überleben

Die Annahme ist halt schonmal Muell.

Zitat

Original von hiigara
wie gay ... wmca...

10

28.06.2011, 13:36

Mein geehrter linker Kollege SenF_Toddi hat imho die mit Abstand beste Antwort gegeben.

Erst einmal ist der Begriff der "Wahrscheinlichkeit" in diesem Zusammenhang zumindest schlecht gewählt, wenn nicht geradezu schwachsinnig. Es handelt sich hier nicht um ein wiederholbares Experiment und die Wahrscheinlichkeit soll ja auch nicht gegen etwas deterministisches (wie das sichere Ereignis) gehen. Wenn, dann sollte man sagen: Sollte die Menschheit genügend lange leben, dann XYZ.

Philosophie sagt halt, wie Mathematik auch, nichts über die Realität aus. Klar kann man irgend eine beliebige Annahme treffen und daraus logische Schlußfolgerungen ableiten. Aber ob ich mit diesen die Realität beschreibe oder nur Eigenschaften einer leeren Menge, das kann ich nicht wissen - und in diesem Zusammenhang noch nicht einmal testen! Dies macht es letztlich zur Glaubensfrage, wie Toddi schon gesagt hat. Oder es wird nur nach Wahrheitswerten gesucht, welche innerhalb der Argumentation funktionieren, aber die Realität völlig außen vor lassen. Eigentlich erschreckend, wie geradezu einfältig der Philosoph mit dem Begriff "true" umgeht. Gerade er sollte es doch besser wissen.

Ansonsten werden doch auch jetzt schon menschliche Interaktionen etc. modelliert. Worin ebenfalls eine falsche Annahme steckt ist der Gedanke, man müsste die Realität immer stärker selbst modellieren. Dem ist nicht so, wir wollen ja nur bestimmte Aspekte wissen und bauen die Modelle demnach auch so, dass diese Aspekte beantwortet werden. Dafür muss kein kompletter Mensch mit eigenem Bewusstsein und den ganzen Sinneseindrücken und seiner Prägung in der Kindheit simuliert werden. Modellbau ist Abstraktion von der Realität und nicht möglichst gute Nachahmung der Realität. Die gibt es auch gar nicht, weil dies eine Perspektivfrage wäre. Unzweifelhaft kann man nicht alle Dimensionen der Realität modellieren, die zu vernachlässigenden Dimensionen sind von der gewählten Fragestellung und eingenommenen Perspektive abhängig.

11

28.06.2011, 20:51

Natürlich ist das ein völlig spekulatives Thema, und ich bin weit davon entfernt, an diese Möglichkeit zu glauben. Aber der Artikel hat die Möglichkeit in ein engeres Blickfeld geführt, als es vorher bei gelegentlichem Nachdenken darüber der Fall war. Vorher erschien es mir absurder als jetzt bei der Vorstellung, dass die Menschen - oder eine andere Spezies - einfach mal 10 Millionen Jahre weiter entwickelt sind und dann womöglich über die technischen Voraussetzungen verfügen.

Ob die Philosophie nichts über die Realität aussagt, ließe sich wohl erst mit einer Definition der Realität mittels der Philosophie klären :D

Und was für Anforderungen eine andere Spezies an Modelle und Simulationen stellt, darüber können wir auch nur spekulieren. Worfs Aussage, dass man nicht Alles komplett abbilden muss und kann, hat ja Paralellen zu meiner Einschränkung, dass - je nach Zielsetzung - auch nur das simuliert werden muss, was wir zu erleben meinen.

Alles in allem ein nettes Gedankenspiel, das dank Ockhams Rasiermesser wohl auch nicht über diesen Status hinausgelangt. Noch ein Filmtipp zu dem Thema: http://de.wikipedia.org/wiki/Welt_am_Draht