Jetzt, wo der Bundesparteitag der Piraten ansteht, wird es ja direkt etwas spannend, in welche Richtung es geht. Dies gilt natürlich auch für die die Piratenpartei in der Öffentlichkeit vertretenden Personen. Will man eher Leute wie Claudia Roth, oder wie Sebastian Nerz. Oder doch den lauer prominent in Talkshows gegen Kurt Beck?
Ein recht lesenswerter Artikel über Julia Schramm:
FAZ: Piratin Julia Schramm - Wahlkampf einer digitalen Seele
Sie ist nicht gerade konsistent, aber die Piraten sagen jetzt vielleicht, dies müsse man auch nicht sein. Aber besonders im unteren Teil des Artikel wird klar, dass sie wohl auch mitnimmt, was mitzunehmen ist (Buchvertrag). ich finde dies nicht schlecht, nur sollte man dann auch zum System stehen.
Ich kenne Julia Schramm noch flüchtig aus meiner Bonner Zeit bei den Julis. Ich finde ganz aufschlussreich, was sie dann selbst über diese zeit schreibt:
FAZ: Eine Politikwissenschaftlerin erzählt - Wie ich Piratin wurde
Nun denn, ich hatte mich also der Freiheit verschrieben, dem Liberalen, und strebte an die Universität Bonn. Ich wollte nicht nur politisch sein, ich wollte politisch denken lernen. Dort traf ich auf Junge Liberale. Sie wirkten freiheitlich, hatten Geschmack und waren zynisch-lustig. Sie waren Westerwelle gegenüber kritisch und mochten die FDP der siebziger Jahre. Dahrendorf, Hamm-Brücher, Scheel. Ich glaubte, mich wohlzufühlen. Ich glaubte, Liberale gefunden zu haben.
So wurde ich Mitglied der JuLis und wählte 2005 die FDP. Aber nur dieses eine Mal. Denn bald schon setzte ich mich mit der Nachkriegs-FDP auseinander und merkte, dass die Deutschnationalen in die DNA der Pseudo-Liberalen eingebrannt sind - was sich ja in dem unsäglichen Europa-Kurs der letzten Zeit wieder deutlich zeigt. Da gab es Heinz Lange, der sich gegen die Ostverträge einsetzte und einem Verein vorstand, der sich für das Deutschtum im Osten einsetzte.
Ja klar, 2008 ist noch entscheidend, was die Nachkriegs-FDP gemacht hat. Von denen lebt vielleicht noch eine handvoll und mit 90 Jahren kommen sie sicher nicht zu Kreiskongressen. ^^ Und welche Schande, dass eine liberale Partei auch Mindermeinungen bei sich duldet und deswegen nicht gleich Mitglieder ausschließt. Aber das war auch in den 50er und 60er Jahren, 1971 war der genannte Heinz Lange schon aus der FDP ausgetreten.
Man muss sagen, dass es bei der FDP und den JuLis eigentlich immer zwei Flügel gibt. Einmal die eher Wirtschaftsliberaleren, zum anderen die eher Sozial-Liberalen. Bonn war gemäßigt wirtschaftsliberal mit einigen richtigen Sozialliberalen (aus meiner Sicht und bei Kongressen ^^). Julia Schramm hatte ich ebenfalls als sehr linke Sozialliberale kennen gelernt, sehr schnell bereit für irgendwelche "noblen" Ideen Umzuverteilen oder den Bürger mit Gesetzen zu seinem Glück zu zwingen. Ich würde diese Haltung ja nicht mal liberal nennen, der aufgeklärte Paternalismus passt eher zu den Grünen. Insgesamt kam mir Julia Schramm auch eher Grün vor, mit ihrem starken Interesse für Umweltthemen und Feminismus (alles Gendern, es gibt eine männlich dominierte Gesellschaft, welche Frauen immer noch unterdrückt, Pro-Quote etc.). Nun ja, sie war recht idealistisch und lies vielleicht etwas an Realismus vermissen. Mit einer solchen Sichtweise sollte man möglichst nicht in das Büro eines Landtagsabgeordneten gehen, aber gut. ^^
Man muss Julia Schramm lassen, dass sie recht attraktiv ist. Sie hatte damals noch einen leichten Hauch von "Modepüppchen", wie so viele Frauen bei den Liberalen. Sie schreibt ja selbst "Sie [die Julis] wirkten freiheitlich, hatten Geschmack...", d.h. sie lies sich da auch von Äußerlichkeiten blenden. ^^
Ich hatte sie dann noch einige male in der Bonner Fußgängerpassage an einem Piratenstand gesehen.
Ich finde den FAZ-Artikel ganz treffend, da deckt sich viel mit meinen (flüchtigen) Beobachtungen. Ich glaube nicht, dass Julia Schramm das intellektuelle Niveau hat bei der Piratenpartei Themen zu setzen oder zu moderieren. Als Gesicht könnte man sie vielleicht gut gebrauchen, sie ist eine interessante und auch telegene Persönlichkeit. Allerdings glaube ich, wenn sie länger den Medien ausgesetzt wird, dann werden ihre vielen Wendungen am Anfang noch jugendlich-frisch, aber bald auch nur noch emotional-chaotisch wie bei einer Claudia Roth wirken. Die Piraten sollten lieber einen lauer oder Nerz wählen. Die finde ich beide authentischer, auch wenn ich bei beiden mit einigen/vielen inhaltlichen Punkten nicht überein stimme.