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16.10.2011, 19:19

Um mal einen Vermittlungsversuch zwischen Euch beiden zu starten: Ich glaube wir können uns recht einfach darauf einigen, dass ein höherer Spitzensteuersatz dann sinnvoll ist (und auch in Disas Sinn, Stichwort sozialer Frieden und Solidarität), wenn er mit einigen Veränderungen am Steuerrecht einhergeht, um wirklich auch die zu fassen, die im sprichwörtlichen Überfluss leben, ohne ihr Geld wieder produktiv zu investieren. EIGENTUM VERPFLICHTET. Ursache für die hier angesprochene Bewegung sind ja nicht Leute wie Disa, seine Lebensweise ist zwar auch nicht ein von mir favorisierter Lebensstil, schnelles Autofahren ist mir zu stressig und ich bin quasi nur hochgradig effizient und produktiv bei der Arbeit, um viel Freizeit zu haben, aber die Leute die zwischen 80 und 200k im Jahr nach Hause bringen, erbringen dafür auch (oft) eine wirkliche Leistung, wenn Sie dann auch noch sozial verantwortliche Personalentscheidungen treffen, dann freue ich mich für sie, wenn sie durch ein dickes Auto oder eine kleine Ferienwohnung glücklich sind.
Stein des Anstoßes sind so Leute wie der Ackermann, wahrscheinlich noch nie auch nur annähernd an die 42% Steuersatz herangekommen, weil er seine Millionen "klug" von Steuerberatern verwalten lässt, aber sich hinstellen und ohne jeden Zweifel glauben, dass er sein Einkommen auch verdient hat. Das ist die Mär von der Leistungsgerechtigkeit, seit Jahren wissenschaftlich widerlegt, werden aber vor allem die Neoliberalen trotzdem nicht müde sie zu beschwören. Ja Leistung spielt eine Rolle, leider aber auch das Einkommen der Eltern, die eigene Sozialisierung und viele andere Dinge, auf die man erst sehr viel später selber Einfluss nehmen kann, wenn überhaupt. Sich hinzustellen und wirklich zu glauben, die eigene Leistung sei 10Mio. Euro pro Jahr wert, das grenzt ja schon an Wahn.

Neid ist an dieser Stelle auch der falsche Begriff und polarisiert nur, aber natürlich ein schönes Totschlagargument, weil sich das niemand ankreiden lassen will. Die Leute auf der Straße sind ja nicht neidisch auf die WallStreet-Banker. Sie sind zu tiefst empört und wütend, dass diesen Bankern völlig der Anstand abgeht, in einer Situation, wo viele ihre Jobs und Häuser verloren haben (klar auch nicht selten, weil sie selbst zu gierig waren), genauso weiter zu machen wie zuvor, obwohl dieses Verhalten maßgeblich zur Krise beigetragen hat.

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16.10.2011, 20:33

100% den nagel auf den kopf getroffen.

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17.10.2011, 18:37

Hmm, wie sollte eigentlich der halbwegs sozialverträgliche Banker arbeiten? Und wie stellt man sicher, dass er nicht durch die Chefetage dazu gebracht wird, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen?

Ich stimme ja zu, dass einige Banker nicht genug Verantwortungsgefühl zeigen (freundlich ausgedrückt). Nur sehe ich im Moment nicht, wie man das nachhaltig ändern könnte. Sämtliche Banken teilweise oder komplett zu verstaatlichen scheint ja kein wirksames Mittel zu sein.

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17.10.2011, 18:50

wennst was ändern willst brauchst neue gesetzliche reglementierungen, zerschlagungen von bankhäusern, gemeinsames multilaterales handeln...

155

17.10.2011, 19:52

wennst was ändern willst brauchst neue gesetzliche reglementierungen, zerschlagungen von bankhäusern, gemeinsames multilaterales handeln...


und welche institution soll diese "Gesetze" erlassen?
Sieht man ja jetzt schon bei der Finanztransaktionssteuer (an sich zumindest ein Versuch), wo GB und USA (u.a.) einfach dagegen sind und bei sich nicht einführen (wollen).

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17.10.2011, 21:58

joa deswegen ist ja "gemeinsames multilaterales handeln" eine grundvorraussetzung.
kann man machen, indem die länder gesetze und rechtsnormen angleichen oder halt eine supranationale behörde schaffen.
ist äußerst unrealistisch, dass sowas mittelfristig zustande kommt, genau das macht die staaten als solche so machtlos gegenüber der finanzindustrie.

was man halt macht ist "ans gewissen appelieren", weil man sich außerstande sieht gesetze zu erlassen.
recht erbärmlich und natürlich völlig umsonst.

ich persönlich gehe übrigens davon aus, dass es in den nächsten zehn jahren noch mal brutal kracht auf den finanzmärkten. die 2008er krise ist ja nicht beseitigt, sondern in frisch gedrucktem geld ertränkt worden, wobei die unkontrollierte, fast zinsfreie vermehrung von geld eigentlich die tieferliegende ursache der krise war. mal schaun wie lange das noch gut geht.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »]DEAD[ Wulfila« (17.10.2011, 22:09)


157

17.10.2011, 23:35

Naja, die dot-Com Blase ist mit Geld "gelöst" worden, was sicherlich auch eine notwendige Bedingung für die Subprime-Krise war. Aber die 2008er Krise ist weniger mit gedruckten Geld gelöst worden, schon gar nicht in Europa. Und die tieferliegende Ursache der Krise war auch nicht die "fast zinsfreie Vermehrung von Geld", wobei billiges Geld sicherlich ein Faktor gewesen ist. Die Fanny & Freddy sowie die gesetzlichen Regelungen in den USA zu Immobilien waren sicher entscheidender als billiges Geld.

btw., soll ich nun noch was zum Nutzenprinzip sagen?

158

18.10.2011, 15:50


btw., soll ich nun noch was zum Nutzenprinzip sagen?

mich würds schon interessieren. aber brauchst keinen roman schreiben.

159

18.10.2011, 16:54

ok, dann schreib ich was dazu. Ich hoffe es wird gelesen, obwohl es länger wird. Am Ende kommt dann die Kritik, am Anfang technische Vorüberlegungen.

Zuerst einmal muss man sich an das 1. Semester, Einführung in die VWL oder wie auch immer das bei euch hieß zurückerinnern, wie Nutzenfunktionen überhaupt definiert sind bzw. was sie bedeuten.

Ich rede im folgenden von von Neumann-Morgenstern Nutzen (vNM-Nutzen), was das das Standardmodell ist.

Man hat einen Raum mit Präferenzen gegeben und darauf eine Ordnungsrelation, welche bestimmte Eigenschaften erfüllen muss.
Präferenzen können bspw. sein, ich mag 2 rote Gummibärchen lieber als 3 grüne, oder ich mag 2 grüne lieber als 5 gelbe.
Eine Ordnungsrelation ist sowas wie ein < bzw. ≤ auf den natürlichen Zahlen. Nur weil die Präferenzen erst einmal keine Struktur haben, muss man diese über die Eigenschaften der Ordnungsrelation annehmen.

Für allgemeine Ordnungsrelationen gilt, um überhaupt eine Ordnung zu sein, dass sie mindestens reflexiv und transitiv sein müssen.
Reflexiv bedeutet vereinfacht, dass jedes Element zu sich selbst in Beziehung steht, d.h. a ≤ a. Transitiv bedeutet, dass aus a ≤ b und b ≤ c auch a ≤ c folgen muss.

In der vNM Theorie fordert man zusätzlich an die Ordnungsrelation, dass sie vollständig, stetig und unabhängig von irrelevanten Alternativen ist. Vollständigkeit bedeutet, dass ich alle Präferenzen jeweils zueinander in Beziehung setzen kann, d.h. für je 2 Präferenzen a und b kann ich immer genau a ≤ b, b ≤ a oder a = b angeben. Das andere sind weitgehend technische Eigenschaften, die hier nicht so wichtig sind.

Das entscheidende, was man auch als VWL-Student im ersten Semester lernt, ist aber, dass die Ordnungsrelation auf der Präferenzordnung notwendigerweise reflexiv, transitiv und vollständig sein muss + technische Details.
Jetzt kommt der Trick: Zu jeder Ordnungsrelation, d.h. Ordnung aller Präferenzen in eine bestimmte Reihenfolge, gibt es genau eine eindeutig bestimmte Nutzenfunktion mit den klassischen Eigenschaften für Nutzenfunktionen.
Strukturell sieht das so aus:
(Raum der Präferenzen, Ordnungsrelation) -> (R^n, Nutzenfunktionen)
Man bildet vom Raum der Präferenzen mit Ordnungsrelation isometrisch, d.h. strukturerhaltend und eindeutig (mit kleiner technischen Erweiterung) auf den einfacheren R^n und den Nutzenfunktionen ab. Anstatt im sehr abstrakten Raum der Präferenzen mit Präferenzordnung zu arbeiten, transformiert man das Problem in den viel einfacheren Raum zum Arbeiten. Dieser Schritt muss einem aber immer bewusst sein, leider vergessen es die meisten Studenten nach dem ersten Hören wieder, weil sowas normal nicht in Prüfungen abgefragt wird.

Ich kritisiere die Nutzentheorie auf mehreren Ebenen. Zum einen finde ich sie per se nicht sonderlich wissenschaftlich. Die Aussage ist, jemand macht das eine anstatt etwas anderes (Handlung, damit wir etwas beobachten können), da er daraus mehr Nutzen stiftet - und mehr Nutzen ist prinzipiell besser. Also ist die Erklärung, jemand macht A anstatt B, weil es ihm mehr Nutzen stiftet bzw. seine Präferenzen so sind. Das erklärt natürlich erstmal überhaupt nichts bzw. damit könnte man jegliche Handlungen erklären.
Man könnte ja einen Test machen: Heute lasse ich eine Person zwischen A und B entscheiden, er wählt A. Ich begründe es damit, dass ihm A besser als B gefällt, d.h. A > B.
Morgen wiederhole ich das Experiment mit der gleichen Person, sie wählt diesmal aber B. Ich könnte jetzt sagen, die Person hat eben ihre Präferenzen geändert. Aber würde man dies erlauben, so könnte man mit dieser Theorie alles erklären. Aber eine Theorie, welche alles erklärt, d.h. keine denkbaren Zustände der Welt ausschließt, die erklärt genau genommen auch nichts!
Deswegen bekommt man ebenfalls im ersten Semester gesagt, dass Präferenzen als zeitstabil angenommen werden. Aber natürlich will man auch persönliche Entwicklung erlauben, d.h. der Zeithorizont, bis zu welchem die Präferenzen zeitstabil sein sollen wird nicht näher spezifiziert.
Die Nutzentheorie ist also dieser Überlegungen keine sonderlich "gute" Theorie, d.h. sie erklärt wenig bis nichts. Zudem finde ich fraglich, ob es Zielgegenstand der Wirtschaftswissenschaften ist, auch über das Verhalten von einzelnen Personen Prognosen abzugeben. Dies gehört imho eher in die Psychologie, Ökonomie beginnt bei mir ab 2 Personen und einem Austausch zwischen beiden.

Jetzt kommt der zweite, und in meinen Augen noch viel eklatantere Kritikpunkt. In den letzten 5 Jahren werden an den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten in Deutschland sehr viele kleine Tests in Laboren gemacht. Dabei bekommt man eigentlich immer heraus, dass die Transitivität von Präferenzen für jeden zwar zum Großteil stimmt, aber nicht immer! Dies bedeutet also, dass eine wichtige definierende Eigenschaft für meine Ordnungsrelation verletzt ist, man also eigentlich keine Ordnungsrelationen auf den Präferenzen bilden kann. Nun wird entgegnet, dass die Transitivität ja meistens gilt, die Approximation also recht gut ist. Nur wird dabei vergessen, dass die Nutzentheorie ja wegen ihres Optimierungskalküls so breite Anwendung findet, man kann halt die verwendeten Nutzenfunktionen einfach maximieren. Nur bei den dabei verwendeten notwendigen Bedingungen für ein Maximum verwendet man gerade diese Transitivitätseigenschaft, der gemacht Fehler muss dann nicht mehr klein sein - heuristisch gesprochen.

Außerdem, wenn die empirischen Daten auf so grundlegender Ebene gegen die definierenden Eigenschaften notwendig zur Bildung der gesamten Nutzentheorie sprechen, dann sollte man die Theorie als falsifiziert ansehen! Genau dies mache ich, und versuche andere davon zu überzeugen. Leider ist das Problembewusstsein äußerst mangelhaft ausgeprägt, viele verstehen die Kritik noch nicht einmal bzw. wollen sie nicht verstehen. Sie haben schon immer (nur) mit Nutzenfunktionen gearbeitet, können nichts anderes und wollen weiter arbeiten.

Ich will aber noch einmal herausstreichen, dass fast alle Kritik von Sozialwissenschaftlern am Nutzenkonzept nicht diese Stichhaltigkeit aufweist, meiner Meinung nach gehen die meisten Argumente fehl. Aus allgemeinen Beobachtungen als Resultat von sehr komplexen Modellen, welche Nutzenfunktionen verwenden, dann die Nutzenfunktionen zu kritisieren bringt recht wenig. Mit tieferen Kenntnissen in der Wissenschaftsphilosophie würde man auch leicht erkennen, dass dies kein sonderlich sinnvoller Weg der Kritik gegen eine Theorie ist. Es geht nicht um "weiche Evidenz dagegen" auf Bereichen, für die ein Modell nicht gedacht war - sondern es geht um harte Evidenz im Anwendungsbereich des Modells selbst, um es direkt oder eine seiner notwendigen Prämissen zu falsifizieren. Und das geht letztlich nur mit empirischen Daten, nicht mit bloßer Überlegung. Aber da ist die Sozialwissenschaft leider traditionell sehr schwach, inklusive Wirtschaftswissenschaften.

160

18.10.2011, 19:28

habs gelesen, Danke; kann allerdings Nichts zu dieser Debatte beitragen ;-)

161

18.10.2011, 19:30

Immerhin einer. ;)
War auch mehr als tiefgreifende Antwort auf die Frage nach der Nutzentheorie gerichtet. Rübergekommen sein sollte die Grundannahme und das Nutzenfunktionen nur eine andere Darstellung für die Präferenzen sind, mit welcher sich aber deutlich besser und einfacher rechnen lässt - und dass man folglich auch die Grundannahmen direkt testen kann. Dann meine Absätze zur Kritik.

162

18.10.2011, 20:55

ja, war ganz interessant. ich hatte nicht gedacht, dass die nutzentheorie so viel angewandt wird, hatte es eher als kleine hilfkonstruktion in erinnerung.

163

18.10.2011, 23:19

Ja doch, schon noch. Zum Glück aber nur in einigen Bereichen.

164

19.10.2011, 08:46

Interessant, allerdings habe ich große Zweifel, ob sich Falcon, wenn er von Grenznutzen spricht, auch nur annähernd der Theoretischen Grundlagen bewusst ist.

Ich vermute, er geht schlicht davon aus, dass ab einem Einkommen X (aus seiner Perspektive eher gering gewählt) jeder weitere Euro gefühlt weniger Wert hat (im Grunde sich also Präferenzen durch Sättigung ändern). Dass mag ab einem gewissen Betrag auch so sein (zumal es Studien gibt, dass die Zufriedenheit ab 60 TEUR Jahreseinkommen angeblich nicht mehr steigt, wobei ich eine Messung von Zufriedenheit extrem schwierig finde), aber diese Wertverringerung dürfte je nach Perspektive und Präferenzen völlig unterschiedlich verlaufen (und eigentlich müsste sie schon beim zweiten Euro beginnen). Mal ganz abgesehen davon, dass die Gier von Menschen, immer mehr haben zu wollen, ohnehin unersättlich ist, wie würde sich sonst ein Fall Zummwinkel erklären lassen?

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »disaster« (19.10.2011, 08:53)


165

19.10.2011, 08:52

hier, alles gelesen und für sehr interessant befunden. gerade auch der letzt beitrag von disa, diesem kann ich nur zustimmen.

jetzt mal noch ne frage: wo wendet man diese theorie denn dann an? also richten sich gewissen unternehmen danach und wenn ja, wie? gib mal paar beispiele ausm leben pls
Zitat von »Lesmue« Wenn ich 2 Abende in der Woche mal Ruhe vor Frau,Freundin,Kindern usw hab will ich einfach ganz entspannt am Rechner was daddeln und mir dabei 3 Weizen in den Kopf jagen, und mit Kumpels dummes Zeug in Skype labern.

166

19.10.2011, 09:52

Die Nutzenfunktion war einer der Gründe, warum ich nach einem Semester den Studiengang gewechselt habe. Mir ist zwar die mathematische Herleitung der Kritik eher fremd, aber dass es ein fundamentales Problem darstellt, dass im Grunde die Kernprämisse moderner Verhaltensökonomie (wir maximieren alle unseren Nutzen) mit einem völlig unbestimmbaren, weil beliebigen Konzept arbeitet, dass war mir damals (wohl eher unbewußt) schon zu blöd und unreflektiert.

Mal abgesehen von unseren politischen Standpunkten sind wir glaube ich gar nicht soweit auseinander Worf, ich bin auch der Auffassung, dass sich Wissenschaft mit empirischen Daten befassen soll, alles andere ist Angst vor der Realität und im Grunde nur heiße Luft.

Zitat

Dass mag ab einem gewissen Betrag auch so sein (zumal es Studien gibt, dass die Zufriedenheit ab 60 TEUR Jahreseinkommen angeblich nicht mehr steigt, wobei ich eine Messung von Zufriedenheit extrem schwierig finde), aber diese Wertverringerung dürfte je nach Perspektive und Präferenzen völlig unterschiedlich verlaufen (und eigentlich müsste sie schon beim zweiten Euro beginnen). Mal ganz abgesehen davon, dass die Gier von Menschen, immer mehr haben zu wollen, ohnehin unersättlich ist, wie würde sich sonst ein Fall Zummwinkel erklären lassen?
An der Stelle hat man ein klassisches Problem in der Forschung. Der Gegenstand "Zufriedenheit" ist an vielen Stellen völlig verschieden definiert worden. In den massenmedial verbreiteten Studien wird klassischerweise anhand einer Frage "Wie zufrieden sind Sie derzeit alles in allem betrachtet mit Ihrem Leben, auf einer Skala von 0 (ausgesprochen unzufrieden) bis 10 (ausgesprochen zufrieden)?" die Zufriedenheit neben ein paar weiteren sozio-ökonomischen Daten erhoben, dann korreliert und dann kommt raus: Ab 60TEUR verschwindet der signifikante Einfluss des Einkommens auf die berichtete Zufriedenheit.
Welche Dimensionen von Glück respektive Zufriedenheit den Menschen von Bedeutung sind und ob und wie man diese erheben könnte, ist ja gegenwärtig mein Forschungsprojekt.

Zitat

Mal ganz abgesehen davon, dass die Gier von Menschen, immer mehr haben zu wollen, ohnehin unersättlich ist, wie würde sich sonst ein Fall Zummwinkel erklären lassen?
Der Punkt ist noch einmal von besonderen Interesse. Das ist so alles andere als bewiesen. Ob wir alle wie ein kleines schwarzes Loch sind mit unseren Bedürfnissen und immer mehr haben wollen (um mal den anti-kapitalistischen Trend aufzugreifen:) und damit der Motor des Konsumkapitalismus sind, dass würde ich so erst einmal anzweifeln. Es gibt genug Gesellschaften und Kulturen, wo dieser Drang nach persönlichem Besitz weit weniger ausgeprägt ist. Die "unersättliche Gier" hat also anscheinend mindestens eine kulturelle Komponente, ob diese sie eingrenzt oder ihr Ursprung ist, ist eine der für mich spannendsten Fragen.
Auf Zumwinkel bezogen: Es ist fast typisch für reiche Personen in westlichen Gesellschaften, dass es kein "genug" gibt, keine Suffizienz. Ein klassischer Erklärungsansatz hierfür ist die hedonistische Tretmühle, ich gewöhne mich einen meinen Lebensstandard dadurch entwertet sich das Geld für mich, ich brauche also wieder mehr. Dazu kommen dann noch so Faktoren, dass z.B. auch mein Umfeld mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr vermögend ist (Golf-, Segelclub etc.). Der vollausgestattete Porsche tut's halt nicht mehr, wenn die ganze Nachbarschaft Bentley fährt.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »DS_Deadpool« (19.10.2011, 10:02)


167

19.10.2011, 10:02

man darf nicht vergessen, dass der Homo Ökonomikus ein Konstrukt für ein Modell ist

168

19.10.2011, 11:39

Die Nutzenfunktion war einer der Gründe, warum ich nach einem Semester den Studiengang gewechselt habe. Mir ist zwar die mathematische Herleitung der Kritik eher fremd, aber dass es ein fundamentales Problem darstellt, dass im Grunde die Kernprämisse moderner Verhaltensökonomie (wir maximieren alle unseren Nutzen) mit einem völlig unbestimmbaren, weil beliebigen Konzept arbeitet, dass war mir damals (wohl eher unbewußt) schon zu blöd und unreflektiert.

Da würde ich auch auf kesselchens Satz verweisen, der homo oeconomicus oder auch Nutzentheorie ist nur ein Modell. Der letzte Teil trifft natürlich zu, aber unbewußte Zurückweisung einer Theorie kann nicht gerade als sonderlich gute wissenschaftliche Methodik gelten. ;)
Ansonsten ist Nutzentheorie nicht "die Kernprämisse moderner Verhaltensökonomie" - im Gegenteil, moderne Verhaltensökonomie arbeitet sehr stark mit Laboruntersuchungen und daraus gewonnenen Daten.
Schon bei Wikipedia steht:

Zitat

Die Verhaltensökonomik (engl. Behavioral Economics) ist ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft. Sie beschäftigt sich mit menschlichem Verhalten in wirtschaftlichen Situationen. Dabei werden Konstellationen untersucht, in denen Menschen im Widerspruch zur Modell-Annahme des Homo oeconomicus, also des rationalen Nutzenmaximierers, agieren.

Also manchmal zeichnest du echt ein Zerrbild von den Wirtschaftswissenschaften. Da ist beileibe nicht alles toll, aber so schlecht, wie du sie hinstellst, sind sie meistens doch nicht.
jetzt mal noch ne frage: wo wendet man diese theorie denn dann an? also richten sich gewissen unternehmen danach und wenn ja, wie? gib mal paar beispiele ausm leben pls

Traditionell wird sie noch in der Mikro in Bereichen der Spieltheorie angewendet, wenngleich pur spieltheoretische Betrachtungen eigentlich ausreichend (und imho auch überlegen) sind.
Bei Kapitalmarkt-Agentenmodellen werden oft Nutzenfunktionen verwendet, um bestimmte Risikoneigungen zu modellieren.
Auf Unternehmensseite werden Nutzenfunktionen eigentlich überhaupt nicht verwendet, Beispiele aus dem Leben gibt es nicht, nur aus Forschungsaufsätzen.
Mal abgesehen von unseren politischen Standpunkten sind wir glaube ich gar nicht soweit auseinander Worf, ich bin auch der Auffassung, dass sich Wissenschaft mit empirischen Daten befassen soll, alles andere ist Angst vor der Realität und im Grunde nur heiße Luft.

Ja, sehe ich ähnlich. Wobei dann der logische Schluss doch imho ist, in Richtung Statistik zu gehen, um die Daten auch vernünftig beschreiben zu können bzw. von den Daten ausgehend Modelle zu bauen.
Welche Dimensionen von Glück respektive Zufriedenheit den Menschen von Bedeutung sind und ob und wie man diese erheben könnte, ist ja gegenwärtig mein Forschungsprojekt.

Erzähl doch mal was dazu, auf einem fundamentalen Level.

169

19.10.2011, 17:43

Welche Dimensionen von Glück respektive Zufriedenheit den Menschen von Bedeutung sind und ob und wie man diese erheben könnte, ist ja gegenwärtig mein Forschungsprojekt.

Erzähl doch mal was dazu, auf einem fundamentalen Level.


Das würde mich auch sehr interessieren. Ich halte Erhebungen / Untersuchungen in dieser Richtung auch für fragwürdig. Angeblich sind die Dänen da zufriedenste / glücklichste europäische Volk, meine ich irgendwo gelesen zu haben. Kann mir schwer vorstellen, dass man das wirklich vergleichen kann. Schon weil ein Däne und ein Deutscher unter Zufriedenheit und Glück vermutlich etwas völlig anderes verstehen. Für Objektivierbar halte ich sowas überhaupt nicht.

In Unternehmen wird Mitarbeiterbindung und damit letztlich Zufriedenheit ja auch häufig a) über Befragung und b) anhand der Fluktuation gemessen. Beides korreliert aber nicht zwangsläufig.

Spannendes Thema Pool, was gibt es da noch für Ansätze?

170

19.10.2011, 18:54

Die zentrale politische Frage, die debattiert wird, richtet sich auf die Art und Weise, wie wir als Gesellschaft Fortschritt und Entwicklung (in Ermangelung eines besseren Begriffs) messen wollen. Klassischerweise wird dazu die Entwicklung des BIP herangezogen, das Wirtschaftswachstum. In den letzten zwei Jahrzehnten richtete sich der Fokus dieser "Entwicklungsdebatte" zunehmend auf den Aspekt der Nachhaltigkeit, sprich: Ob und wie nachhaltig und ökologisch verträglich unsere Lebensweise ist, sollte eine Rolle spielen. In den letzten 5 Jahren spielt darüber hinaus der Aspekt des "Glücks" respektive Zufriedenheit oder auch Lebensqualität eine Rolle. In der Summe zeichnet sich also der politische Wille ab, unsere Entwicklung breiter messen zu wollen als singulär über der Entwicklung der Wirtschaftsleistung und damit den Wohlstand, alsodie Dimensionen der ökologischen Verträglichkeit und das "Glück der Bevölkerung" miteinzubeziehen.

Knackpunkt bei dem Bereich "Glück" ist nun die Definition des Gegenstandes und davon ausgehend, die Frage nach der Qualität der Daten. Ein Teil der Forschung verweist darauf, dass Daten zum Glück weder intersubjektiv sind (also zwischen Personen nicht vergleichbar) noch intertemporal (also auch nicht zwischen zwei Zeitpunkten), einige weisen darüber hinaus noch darauf hin, dass auch die Kultur eine maßgebliche Größe spielt, erstens was unter "Glück" verstanden wird und zweitens ob "Glück" sozial gewünscht ist. Ungeachtet dieser Einwände, kann man dann doch überall lesen, dass die Dänen die glücklichsten Europäer und die Hamburger die glücklichsten Deutschen (Glücksatlas) sind. Diese Autoren berufen sich meistens darauf, dass qualitative Untersuchungen zeigen, dass die gewonnen Daten doch eine gewisse Stabilität aufweisen und damit Vergleiche zulassen (z.B. zeigen Befragungen von Freunden und Verwandten, dass Personen die von sich selbst berichten relativ glücklich zu sein, also einen hohen Skalenwert angeben, auch als überdurchschnittlich glücklich durch ihr Umfeld wahrgenommen werden), bzw. dass es auch einfach keine anderen Daten gibt (wenn sie überhaupt so reflektiert sind und die Qualität der Daten hinterfragen).

Vor dem eingangs beschriebenen Problemhorizont ergibt sich nun folgende Situation: Debattiert wird gegenwärtig zum einen, ob diese "subjektiven" Daten, sprich also Selbstauskünfte in die Betrachtung miteinbezogen werden sollen (echte Empiriker und Statistiker sagen hier klar "Nein", weil statistische Gütekriterien wie z.B. Objektivität, allg. Validität etc. nicht erfüllt werden), dann ist aber die Frage, ob man das noch "Glück" nennen kann, was man da erhebt oder ob das nicht einfach der Lebensstandard ist, der sowieso schon erhoben wird und zum anderen stellt sich die Frage, wenn man denn mehr als den materiellen Lebensstandard erheben will, welche Dimensionen des Glücks zwingend betrachtet werden sollen.
Bzw. ist das meine spezifische Frage, wenn man sich schon länger mit dem Thema beschäftigt, dann fällt auf, dass die größeren Projekte immer mit den gleichen 6-9 Dimensionen arbeiten, Gesundheit, Bildung, Lebensstandard etc. Woher diese Bereiche kommen, wird meist nicht reflektiert, für mich stellt sich nun die Frage, ob es nicht zielführender ist, in einem ersten Schritt die Leute direkt zu befragen, welche Dimensionen des Glücks für sie von zentraler Bedeutung sind und sich dann erst Gedanken darüber zu machen, welche Dimensionen wie zu erheben sind.
Das beruht auf einer Hypothese, und zwar dass es keine Statusgleichheit unter den Dimensionen gibt, die gegenwärtig größtenteils angenommen wird, sondern es qualitative Unterschiede gibt, sprich: Gesundheit kann zum Beispiele eine notwendige Bedingung sein, also eine hohe Zufriedenheit, großes Glück ohne entsprechende Gesundheit ist fast auszuschließen. Hingegen gibt es andere Faktoren, die nur hinreichend sind und massiv mit den persönlichen Präferenzen zusammenhängen, z.B. ein hohes Einkommen. Darüber hinaus müsste man mal nachhaken, ob das Einkommen als Beispiel an sich der entscheidende Faktor ist oder ob damit nicht die damit einhergehende langfristige finanzielle Absicherung und damit sorgenfreie Zeit für die Leute von Bedeutung sind. Die politischen Implikationen solcher Lesartunterschiede sind natürlich fundamental.

171

19.10.2011, 19:07

dann könnte man den Befragten ja die Möglichkeit von Gewichten geben

172

19.10.2011, 19:33

interessantes ding. ist ja fast mal lobenswert für unsere herren politiker eine gesellschaft nicht ausschließlich am wirtschaftswachstum zu messen.
das einzige was ich dabei nicht verstehe ist, warum echte empiriker und statistiker die selbstbefragung ablehnen. es ist durchaus ein legitimes mittel um über was weiß ich nicht alles aussagen zu treffen. klar nicht jeder wird absolut wahrheitsgemäß und manchmal auch wieder besseren wissens eine auskunft geben, aber welches analytische modell sollte besser über den gemütszustand eines menschen bescheid wissen als er selbst? ich glaub eine subjektivere empfindung als glück gibt es gar nicht.
man könnte höchstens ein paar versuchspersonen an die strippe hängen und ihre gehirnströme messen ^^

173

19.10.2011, 19:47

Zitat

dann könnte man den Befragten ja die Möglichkeit von Gewichten geben
Z.B., oder eine Rangfolge erstellen lassen. Genau das lasse ich meine Interviewpartner bei der gerade laufenden explorativen Forschungsreihe machen.

Zitat

interessantes ding. ist ja fast mal lobenswert für unsere herren politiker eine gesellschaft nicht ausschließlich am wirtschaftswachstum zu messen. das einzige was ich dabei nicht verstehe ist, warum echte empiriker und statistiker die selbstbefragung ablehnen. es ist durchaus ein legitimes mittel um über was weiß ich nicht alles aussagen zu treffen. klar nicht jeder wird absolut wahrheitsgemäß und manchmal auch wieder besseren wissens eine auskunft geben, aber welches analytische modell sollte besser über den gemütszustand eines menschen bescheid wissen als er selbst? ich glaub eine subjektivere empfindung als glück gibt es gar nicht. man könnte höchstens ein paar versuchspersonen an die strippe hängen und ihre gehirnströme messen ^^
Das Problem lässt sich relativ einfach veranschaulichen (ich brauche solche Beispiele auch immer): Du bist in einer festen Beziehung, hast ein Einkommen von 3000 und bist gesund. Auf die Skalenfrage hast Du mit 7 geantwortet. Ich bin solo, habe ein Einkommen von 1500 und habe eine chronische Erkranung (Diabetes z.B.), ich habe eine 9 angegeben.
Was ist nun die politische Implikation, wenn das Ziel ist, möglichst viele Leute möglichst glücklich zu machen? Allen das Einkommen zu reduzieren, sie zu Singles zu machen und Diabetes zu verpassen?
Das Problem ist also, dass wir beide wahrscheinlich ganz andere Maßstäbe für unser Glück ansetzen und Vergleiche äußerst problematisch sind.

174

19.10.2011, 20:05

Knackpunkt bei dem Bereich "Glück" ist nun die Definition des Gegenstandes und davon ausgehend, die Frage nach der Qualität der Daten. Ein Teil der Forschung verweist darauf, dass Daten zum Glück weder intersubjektiv sind (also zwischen Personen nicht vergleichbar) noch intertemporal (also auch nicht zwischen zwei Zeitpunkten), einige weisen darüber hinaus noch darauf hin, dass auch die Kultur eine maßgebliche Größe spielt, erstens was unter "Glück" verstanden wird und zweitens ob "Glück" sozial gewünscht ist.

Was sind es denn für Einwände? Wenn nur prinzipielle Einwände, dann sind sie imho recht egal. Was wirklich Glück ist, dass kann man ja nicht feststellen - es ist eine Idee, welche konkretisiert werden muss. Da hilft es wenig zu sagen, man kann die genaue Wortbedeutung aber nicht erfassen. Letztlich bin ich da Instrumentalist und sage, sinnvolle Aussagen müssen irgendwo einen Bezug zur realen Welt, d.h. zur Empirie, haben.
Das ist etwas in der Tradition von Wittgensteins Tractatus Logico-Philosophicus, wenngleich ich mir der Kritik daran bewusst bin. Praktisch verkürzt würde ich sagen, die Konfusion um den Glückbegriff kommt eben daher, weil es ein offener Begriff ist und unterschiedliche Menschen darunter unterschiedliches Verstehen können. Insofern ist er auch nicht besser als der Nutzenbegriff, wobei dort das ungünstige natürlich zum Großteil die Füllung des Begriffs ist.

btw., der englische Begriff ist Happiness, dieser Begriff ist bei mir noch etwas anders als das deutsche Glück konnotiert! Ich finde wir sollten ind er weiteren Diskussion eher Happiness als Glück benutzen, auch weil Glück im deutschen noch die zweite große Bedeutung als Gegenteil von Pech in einem Zufallskontext hat. Deswegen muss man manche Sätze mit Glück als Wort zweimal lesen, bis man den wohl intendierten Sinn verstanden hat.
...bzw. dass es auch einfach keine anderen Daten gibt (wenn sie überhaupt so reflektiert sind und die Qualität der Daten hinterfragen).

Ich weiß nicht ob es notwendig ist, immer auf die Qualität der Daten einzugehen. Vieles dazu ist offensichtlich, manches in der praktischen Arbeit nicht änderbar. Liegt aber auch eher in der Tradition des Faches, wie sehr man seine Daten explizit kritisiert.
Von den Daten zu unterscheiden sind imho aber systematische Mängel in der Methodik der Datenerhebung bzw. die Auswahl von Daten (siehe von dir später angesprochen). Diese gehören wohl kritisiert, bspw. auch, ob es sinnvoll ist Menschen kreuzeln zu lassen.
Debattiert wird gegenwärtig zum einen, ob diese "subjektiven" Daten, sprich also Selbstauskünfte in die Betrachtung miteinbezogen werden sollen (echte Empiriker und Statistiker sagen hier klar "Nein", weil statistische Gütekriterien wie z.B. Objektivität, allg. Validität etc. nicht erfüllt werden), dann ist aber die Frage, ob man das noch "Glück" nennen kann, was man da erhebt oder ob das nicht einfach der Lebensstandard ist, der sowieso schon erhoben wird und zum anderen stellt sich die Frage, wenn man denn mehr als den materiellen Lebensstandard erheben will, welche Dimensionen des Glücks zwingend betrachtet werden sollen.

Ich bin auch eher der Meinung der "echten Empiriker und Statistiker", aber aus anderen Gründen. Dazu auch (auch @T1000):
dann könnte man den Befragten ja die Möglichkeit von Gewichten geben

Dazu müssten die Menschen diese Gewichte ja wissen bzw. sich bewusst machen können, um dann wahrhaft darüber Auskunft geben zu können. Der Tradition der Wirtschaftswissenschaften (und einer noch älteren ;)) folgend sage ich da eher, lasst Sie an ihren Taten erkennen! Viele Menschen behaupten in Umfragen von sich auch, dass sie sehr hilfsbereit wären und viel Spenden würden, das tatsächliche (beobachtbare) Ergebnis sieht dann anders aus. Dies ist der Hauptgrund, wieso ich solchen Selbstauskünften prinzipiell recht voreingenommen gegenüber stehe. Misst man damit wirklich, was man messen möchte?
Hier müsste man wohl etwas über Happiness manifestiert in beobachtbaren Handlungen/Ereignissen vs. Selbstauskunft über Happiness reflektieren.
Rein instrumentarisch kann man natürlich Happiness auch einfach als Statistik von solchen Umfragen definieren. Es ist ja praktisch eine äquivalente Aufgabe einen Unterschied zwischen solchen Umfragestatistiken und Statistiken auf Handlungen basierend zu konstruieren wie die eigentliche Frage zu klären. Der subtile Punkt ist hier wieder der Verweis auf die Diskrepanz zwischen Selbstauskunft und Handlung und die "Überzeugung", dass der "wahre" Untersuchungsgegenstand sich in den Handlungen manifestiert (zumindest mehr/eher als in Worten).

btw., Objektivität, Validität und Reliabilität sind keine "statistischen Gütekriterien", sondern Gütekriterien an die Daten bzw. die Datenerhebungsmethode (falls du es mal in nem Artikel benutzen solltest). Statistische Gütekriterien wären sowas wie Erwartungstreue, varianzminimalität, Konsistenz etc., d.h. Gütekriterien einer Statistik (= messbare Funktion der Daten) bzw. eines Schätzers.
man könnte höchstens ein paar versuchspersonen an die strippe hängen und ihre gehirnströme messen ^^

Sehr gute Idee! ernsthaft
Bzw. ist das meine spezifische Frage, wenn man sich schon länger mit dem Thema beschäftigt, dann fällt auf, dass die größeren Projekte immer mit den gleichen 6-9 Dimensionen arbeiten, Gesundheit, Bildung, Lebensstandard etc. Woher diese Bereiche kommen, wird meist nicht reflektiert, für mich stellt sich nun die Frage, ob es nicht zielführender ist, in einem ersten Schritt die Leute direkt zu befragen, welche Dimensionen des Glücks für sie von zentraler Bedeutung sind und sich dann erst Gedanken darüber zu machen, welche Dimensionen wie zu erheben sind.

Das Problem bleibt - wissen es die Leute und können sie es dir sagen? Aber sicher in einem ersten Schritt nicht schlecht, irgendwie muss man ja auch zu den Dimensionen kommen.
Das beruht auf einer Hypothese, und zwar dass es keine Statusgleichheit unter den Dimensionen gibt, die gegenwärtig größtenteils angenommen wird, sondern es qualitative Unterschiede gibt, sprich: Gesundheit kann zum Beispiele eine notwendige Bedingung sein, also eine hohe Zufriedenheit, großes Glück ohne entsprechende Gesundheit ist fast auszuschließen. Hingegen gibt es andere Faktoren, die nur hinreichend sind und massiv mit den persönlichen Präferenzen zusammenhängen, z.B. ein hohes Einkommen.

Klingt gut. Wie willst du das denn konkret modellieren, die qualitative Dominanz verschiedener Dimensionen? Darüber schon Gedanken gemacht?
Darüber hinaus müsste man mal nachhaken, ob das Einkommen als Beispiel an sich der entscheidende Faktor ist oder ob damit nicht die damit einhergehende langfristige finanzielle Absicherung und damit sorgenfreie Zeit für die Leute von Bedeutung sind. Die politischen Implikationen solcher Lesartunterschiede sind natürlich fundamental.

Ich weiß nicht, ob "Die politischen Implikationen solcher Lesartunterschiede" wirklich "fundamental" wären. Letztlich wird Einkommen sicher nicht als Selbstzweck ein Faktor sein, sondern was man daraus gewinnt. Aber Einkommen als messbare Größe zu verwenden hat viel Charme, weil daraus eine operationalisierbare resultiert. Ich sehe etwas die Gefahr, dass man dann als Dimensionen sowas wie "sorgenfreie Zukunft" etc. nehmen will, d.h. selbst wieder blumige Umschreibungen, welche aber letztlich zu keiner sinnvollen wissenschaftlichen Theorie ihrer Wortbedeutung nach führen. Dies ist im Prinzip eine ähnliche Kritik wie am Nutzen, welches als Wort zu offen und nebulös ist und damit alles (und nichts) abdeckt. Operationalisierbarkeit ist nicht nur wichtig, sondern imho letztlich entscheident! Du willst was über die Welt erfahren, sie nicht nur kategorisieren. Zudem wird es schwer überhaupt sinnvoll entschieden zu können, wenn man nicht zwangsweise irgendwo operationalisiert, d.h. Implikationen mittels echten Daten testbar macht. Irgendwie musst du ja auch zu deinen Aussagen kommen. Recht einfacgh dürfte man sicher rausbekommen, dass Gesundheit eine Art notwendige Bedingung für Happiness ist, danach dürfte es schwer werden.

Ein Tipp, ich würde mich nicht so sehr an der Bedeutung von Worten langhangeln und versuchen sie genau "nachzubauen". Eine gute Theorie soll die Realität erklären. Wenn ich einwas in der Mathematik gelernt habe, dann, dass sich probleme extrem vereinfachen lassen, wenn man eine geeignete Basis (Perspektive) wählt!

175

19.10.2011, 20:49


man könnte höchstens ein paar versuchspersonen an die strippe hängen und ihre gehirnströme messen ^^

Sehr gute Idee! ernsthaft


Kann ich mir nicht vorstellen. Du kannst sicher Amplituden messen, wenn jemand gerade akut eine Gehalterhöhung bekommt, der Partner zum Antrag ja sagt, also ereignisbezogen. Ich glaube nicht, dass man messen kann, wie grundsätzlich glücklich / zufrieden jemand generell mit seiner Gesamtsituation ist. Zudem halte ich auch bei solchen Messungen Vergleichbarkeit für schwierig. Schon bei Reizmessungen, um zu testen, welche Areale des Hirns für welche Gefühle zuständig sind, gibt es krasse Unterschiede in den Amplituden...

176

19.10.2011, 21:04

Danke für die Ausführungen Worf, besonders für den Hinweis zum Begriff der "statistischen Gütekriterien", damit hast du mir wahrscheinlich mehr als ein Fettnäpfchen erspart. Bei den Begrifflichkeiten gehen unsere Meinungen etwas auseinander, das liegt aber wahrscheinlich daran, dass ich Kausalbeziehungen zwischen den Begriffen vermute, die verdeckt bleiben, wenn man wie gegenwärtig immer undifferenziert von "Wohlstand, Wohlbefinden, Glück, Zufriedenheit, Lebensqualität, Wohlfahrt etc." spricht.

Zur Modellierung habe ich mir noch keine großen Gedanken gemacht. Ich bin mit gewissen Erwartungen in die Interviews gestartet, z.B. darüber, welche Dimensionen mir von meinen Interviewpartnern genannt werden, die jetzt noch nicht oder zu wenig betrachtet werden oder welche Qualität bestimmten Dimensionen zugeordnet wird. Nach den ersten Interviews lässt sich mittlerweile schon sagen, dass die "Zeit", vor allem in Form von frei verfügbarer Zeit für Familie, Freunde, Freizeit, Reisen eine häufig genannte Dimension von Happiness ist, die in den großen Forschungsprojekten so keine Rolle spielt. Auf Nachfrage natürlich nicht als Wert an sich, sondern in Verbindung mit den finanziellen Mitteln diese freie Zeit auch sinnvoll zu gestalten und einem sozialen Umfeld, mit dem man diese Zeit auch verbringen kann. Neudeutsch würde man wohl von einer "Work-Life-Balance" sprechen, den Leuten scheint das für ihr Glück sehr wichtig zu sein.
Mich interessieren mittlerweile auch viel mehr die Wechselbeziehungen der Happinessdimensionen untereinander. Ein hohes Einkommen wird bisher ausnahmslos immer als ein reines Mittel zum Zweck betrachtet, vor allem zum Zwecke der Absicherung und sozialer Aktivitäten. Bildung und politische Teilhabe (in den größeren Projekten immer dabei) spielten bisher kaum eine Rolle, bzw. wurden als Selbstverständlichkeit genannt, sehr interessant zu sehen, wie den Interviewpartnern beim Erzählen die Erkenntnis trifft, dass das eben keine Selbstverständlichkeiten sind und mitunter doch Einfluss auf ihr Glück haben.

In einem nächsten Schritt nach den Interviews sollen diese "neu" identifizierten bzw. von den Menschen als bedeutsam klassifizierten Dimensionen dann quantitativ auf ihre Bedeutung geprüft werden. Wie genau, weiß ich noch nicht. Vielleicht lasse ich die Befragten (wahrscheinlich ein paar hunderte per Fragebogen) einfach nur eine Rangfolge der Dimensionen nach ihrer Wichtigkeit erstellen. Ob und wie ich die "Dominanzen" wie du so schön gesagt hast besser herausarbeiten kann, weiß ich noch nicht. Man könnten Aussagen anbieten wie: "Ohne ein gewisses Einkommen ist ein glückliches Leben nicht möglich" (sinngemäß) und dann die Zustimmung per Skala abfragen und so versuchen Dominanzen herauszuarbeiten. Da ich noch nicht soweit bin, habe ich da noch nicht soviel Hirnschmalz hineingesteckt. Für Ideen an dieser Stelle bin ich entsprechend sehr dankbar.

177

19.10.2011, 23:22

"Hier müsste man wohl etwas über Happiness manifestiert in beobachtbaren Handlungen/Ereignissen vs. Selbstauskunft über Happiness reflektieren. " nö. muss man nicht. happiness kann nur subjektiv sein, egal, wie es sich in handlungen/ereignissen manifestiert.

178

20.10.2011, 01:13

"Hier müsste man wohl etwas über Happiness manifestiert in beobachtbaren Handlungen/Ereignissen vs. Selbstauskunft über Happiness reflektieren. " nö. muss man nicht. happiness kann nur subjektiv sein, egal, wie es sich in handlungen/ereignissen manifestiert.

Wenn Happiness nur subjektiv ist, dann braucht man sie gar nicht erst versuchen zu erheben. Man kann ja nur allgemein Aussagen treffen, wenn man auch irgendwie vergleichen kann.

Ich denke die von Deadpool angesprochenen "Substitutionsraten" (mein Wort) zwischen den Dimensionen sind das eigentlich interessante. Wieviel von dem einen kann man mit etwas anderem ausgleichen? Wo sind "harte" Grenzen (wie bei Gesundheit), die nicht mehr ausgleichbar sind? Die Idee dahinter ist natürlich die alte Idee der Wirtschaftswissenschaften, dass alles einen Preis hat und miteinander im Verhältnis steht. Kann man aber auch schlecht überprüfen. Bei Abfragen geht aus der Form der Fragestellung schon hervor, dass es eine Preis gibt, da ist die Frage nur, wie hoch der Preis ist. Gibt ja solche Studien, wieviel Geld einem eine um ein Jahr höhere Lebenserwartung wert wäre - und dann matchings zu freiwilligen Vorsorgeuntersuchungen, welche im Mittel die Lebenserwartung um einen bestimmten Zeitraum ausdehnen und eventuell etwas kosten. Sowas meine ich damit, dass man intelligente Wege finden muss das wahre Verhalten der Menschen zu beobachten. Implizit haben die Menschen dann nämlich eine Wertigkeit für erwarteten Lebenserwartungszuwachs, auch in Geldeinheiten. Sowas in der Art finde ich immer viel cooler, da erfährt man wirklich etwas.
Natürlich gibt es auch keine ganze Literatur dazu, dass Menschen in ihren Handlungen zu kurzfristig sind und die Langfristigfolgen ihrer Handlungen nicht gut überblicken können. Dies ist aber eher eine Perspektivfrage: Handeln Menschen kurzfristiger, als in Fragebögen angegeben, weil sie es nicht überblicken - oder weil dies "die Wahrheit" ist, sie aber bei den Fragebögen etwas anderes angeben haben? Das muss ja noch nicht einmal bewusst geschehen. Wenn man gefragt wird wie wichtig einem Gesundheit und Sport sind, dann neigen die meisten dazu es wichtig zu nehmen. In ihrem konkreten Alltag handeln sie aber nicht danach.

Schon erstaunlich, was alles für spannende Fragen zu den Wirtschaftswissenschaften am Grenzgebiet zu anderen Sozialwissenschaften gehören - wobei die von mir beschriebenen Probleme klassische wirtschaftswissenschaftliche Problemfelder mit eigener Literatur sind.

Zu Happiness zurück: Was zählt? Selbstbild der Menschen? Ihre Handlungen? Diskrepanz zwischen beidem? Eine Linearkombination in zu ermittelnder Gewichtung?
Ohne weitere Kriterien erscheint dies mir eher eine Frage nach einer Definition.
Wenn man aber bspw. ein robustes Vergleichsmaß haben möchte, dann sucht man eine Gewichtung, welche möglichst insensitiv bzgl. der beobachteten Variationen ist. Dies hat sofort modelltheoretische und statistische Auswirkungen. Man kommt dann quasi per Konstruktion auf Modelle, welche nach geeigneten Linearkombinationen (oder auch unter Berücksichtigung von Dominanzbeziehungen der Dimensionen untereinander, dann aber deutlich komplizierter) suchen, d.h. nach Faktoren.
Ich halte ein solches Vorgehen für sinnvoll, weil dies auch eine Antwort auf die ursprüngliche Frage beinhaltet: Welche Dimensionen stehen in welchem Verhältnis, so gemessen, dass die so definierte Maßzahl breit Vergleichbar ist. Ohne Vergleichbarkeit kann ich mir das ganze Vorgehen ja sparen, dann könnte man keine politischen Implikationen ableiten (wie man dies logisch kann, ist sowieso eine Frage, da kommen wir nämlich zwingend in Werturteile!) und würde letztlich auch nichts über die reale Welt erfahren, was nicht nur auf einer rein begrifflichen Ebene ist.

179

20.10.2011, 08:40


Wenn Happiness nur subjektiv ist, dann braucht man sie gar nicht erst versuchen zu erheben. Man kann ja nur allgemein Aussagen treffen, wenn man auch irgendwie vergleichen kann.


Ich fürchte, es läuft darauf hinaus, dass es im Ergebnis zum einen kaum objektivierbar ist, zum anderen - schon aufgrund der Anpassungsfähigkeit des Menschen - nicht vergleichbar bei unterschiedlichen Voraussetzungen. Gibt man einem hungernden Afrikaner Essensvorräte (einfachste Grundnahrungsmittel für ein Jahr), ein festes Dach über dem Kopf (Einraumhaus einfachster Bauart) und er wird vermutlich(!) unglaublich glücklich sein. Gib dasselbe einem Deutschen ... Es hängt also davon ab, was man vorher hatte / erlebt hat und was das Umfeld hat (nicht umsonst gibt es die Experimente, wo die Testpersonen lieber weniger geschenkt nehmen, solange es nur mehr ist, als die anderen bekommen).



Ich denke die von Deadpool angesprochenen "Substitutionsraten" (mein Wort) zwischen den Dimensionen sind das eigentlich interessante. Wieviel von dem einen kann man mit etwas anderem ausgleichen? Wo sind "harte" Grenzen (wie bei Gesundheit), die nicht mehr ausgleichbar sind? Die Idee dahinter ist natürlich die alte Idee der Wirtschaftswissenschaften, dass alles einen Preis hat und miteinander im Verhältnis steht. Kann man aber auch schlecht überprüfen.


Das lässt sich m.E. gar nicht überprüfen und auch hier wird es darauf hinauslaufen, dass einer wesentlich mehr / leichter kompensieren kann als ein anderer und die Grenzen deutlich variieren, eben wegen unterschiedlicher Präferenzen. Wird spannend sein, ob Pool bei ähnlichem sozialem Umfeld zumindest Gemeinsamkeiten findet. Ich würde erwarten, dass schon die deutsche Bevölkerung viel zu heterogen dafür ist. Möglicherweise wenn er seine Interviews in einem bestimmten Stadtteil durchführt, der zumindest weitgehend homogene Voraussetzungen zulässt.

180

20.10.2011, 19:17


Wenn Happiness nur subjektiv ist, dann braucht man sie gar nicht erst versuchen zu erheben. Man kann ja nur allgemein Aussagen treffen, wenn man auch irgendwie vergleichen kann.

Ich fürchte, es läuft darauf hinaus, dass es im Ergebnis zum einen kaum objektivierbar ist, zum anderen - schon aufgrund der Anpassungsfähigkeit des Menschen - nicht vergleichbar bei unterschiedlichen Voraussetzungen. Gibt man einem hungernden Afrikaner Essensvorräte (einfachste Grundnahrungsmittel für ein Jahr), ein festes Dach über dem Kopf (Einraumhaus einfachster Bauart) und er wird vermutlich(!) unglaublich glücklich sein. Gib dasselbe einem Deutschen ... Es hängt also davon ab, was man vorher hatte / erlebt hat und was das Umfeld hat (nicht umsonst gibt es die Experimente, wo die Testpersonen lieber weniger geschenkt nehmen, solange es nur mehr ist, als die anderen bekommen).

Dann ist Happiness eben Ausstattungs- und Pfadabhängig. Heißt nur, dass es viel komplizierter wird. Ich sehe die Gegenargumente auch und denke deswegen, dass Happinessforschung mit gezieltem wirtschaftswissenschaftlichen Anwendungsbereich eher eine Sackgasse ist.

Ich denke die von Deadpool angesprochenen "Substitutionsraten" (mein Wort) zwischen den Dimensionen sind das eigentlich interessante. Wieviel von dem einen kann man mit etwas anderem ausgleichen? Wo sind "harte" Grenzen (wie bei Gesundheit), die nicht mehr ausgleichbar sind? Die Idee dahinter ist natürlich die alte Idee der Wirtschaftswissenschaften, dass alles einen Preis hat und miteinander im Verhältnis steht. Kann man aber auch schlecht überprüfen.

Das lässt sich m.E. gar nicht überprüfen und auch hier wird es darauf hinauslaufen, dass einer wesentlich mehr / leichter kompensieren kann als ein anderer und die Grenzen deutlich variieren, eben wegen unterschiedlicher Präferenzen. Wird spannend sein, ob Pool bei ähnlichem sozialem Umfeld zumindest Gemeinsamkeiten findet. Ich würde erwarten, dass schon die deutsche Bevölkerung viel zu heterogen dafür ist. Möglicherweise wenn er seine Interviews in einem bestimmten Stadtteil durchführt, der zumindest weitgehend homogene Voraussetzungen zulässt.

Ich glaube du hast mich etwas falsch verstanden. Ich halte nicht viel davon, Happiness für einzelne Menschen anzugeben. Letztlich hat Happiness für nur einen Mensch keine Aussagekraft. Ein vernünftiges Maß wird es erst im Vergleich mit vielen anderen Menschen, wenn man den einzelnen Menschen dann zur großen Masse ins Verhältnis setzen kann.
Ansonsten wird so ein Happinessmaß einem Einzelnen nicht sagen können, wie er konkret glücklicher wird. Man kann eher daraus ableiten, wie bestimmte Bevölkerungsgruppen denken/sich verhalten, wie robust dies ist und wo vielleicht Unterschiede zu anderen Gruppen liegen, wie auch von dir angesprochen. Happiness ist kein mikroökonomisches Maß (und man sollte sich hüten es da anzuwenden!), sondern es es eine meso- bis makroökonomische Größe. Ich denke auch es macht bspw. wenig Sinn in die Happiness-Formel, so es sie denn mal gibt, einfach alle sozio-ökonomischen Werte einzutragen und dann einen Happiness-Wert abzulesen um zu wissen, wie glücklich sich diese Person fehlt. Da würde man das Konzept überstrapazieren und, meiner Meinung nach, falsch anwenden. Es geht eher darum allgemeingültige Determinanten rauszubekommen, in die auch Kultur und weitere weiche Faktoren einfließen. So können wir letztlich wieder etwas über uns als Gruppe/Gesellschaft lernen, was wir wertschätzen und was und wichtig ist - wiederum als Gruppe "gemittelt", nicht für den einzelnen.

Es gibt auch wissenschaftsphilosophische und tiefere modelltheoretische/statistische Gründe für meine Aussage/Meinung, aber ich denke das soll erstmal reichen, um den Unterschied aufzuzeigen.