Da ich selbst auch Unternehmensberater bin, muss ich doch auch mal für unsere "Zunft" eine Lanze brechen.
Grundsätzlich kann man Unternehmensberater nicht perse über einen Kamm scheren. Es gibt welche mit mehr und welche mit weniger Daseinsberechtigung, vor allem gibt es viele, die zwar Berater heissen, im Grunde aber nur Leiharbeiter (Body-Leasing) sind.
Durchaus Sinn macht der Einsatz von Beratern, wenn z.B. eine neutrale Sicht auf Prozesse, Entscheidungen etc. gefordert ist. Es ist unglaublich, nach was für subjektiven Motiven in globalen Konzernen (je größerr, desto schlimmer) Entscheidungen getroffen werden. Es gibt unglaublich viele territoriale Fürsten, die gegen jede objektive Vernunft versuchen den Besitzstand zu wahren, es gibt Abteilungen, die nicht miteinander können usw. Oft ist alles so festgefahren, dass es ohne neutrale Hilfe von aussen nicht geht.
Leider sind Berater jedoch selten neutral, denn sie werden von jemand beauftragt, haben den Folgeauftrag stets im Blick und handeln - genau wie die territorialen Fürsten im Unternehmen - nicht immer objektiv und im Sinne des Gesamtunternehmens, sondern vorrangig im Interesse des konkreten Sponsors.
Auch für mich ist dies nicht selten eine Gradwanderung, weil mein direkter Auftraggeber aus Eigennutz etwas will, was aus Sicht des Konzern eigentlich wenig Sinn macht. Im übrigen hat Unternehmensberatung unheimlich viel mit Politik zu tun und es ist nicht immer einfach, die jeweiligen Interessen zu erkennen.
Ebenfalls macht der Einsatz von Beratern Sinn, wenn (in meinem Fall IT) alte Anwendungen abgelöst oder für neue Prozesse neue Anwendungen geschaffen werden sollen und die Mitarbeiter des Unternehmens (bzw. der zuständigen techn. Abteilung) nicht die notwendigen Skills für eine zukunftsfähige Architektur haben. Oder wenn es darum geht, Archtitekturen eines Unternehmens zu vereinheitlichen und das Rad nicht 1000fach neu zu erfinden.
Im Kern sollte Unternehmensberatung Projektarbeit sein, d.h. ein kurz- bis mittelfristiger Einsatz, man kauft sich Know-How ein, das man selbst nicht hat, profitiert davon und nicht selten werden die internen Mitarbeiter dadurch weiter gebildet und können die neue Architektur anschließend in die Wartung übernehmen (zumindest im Idealfall).
Wenn hochbezahlte Berater jedoch Wartungsarbeiten oder triviale Jobs übernehmen, weil die Internen keine Lust haben oder die Ressourcen dafür nicht reichen, ist das natürlich Quatsch - kommt aber nicht selten vor. Ich habe in der Anfangszeit auch hin und wieder Arbeiten verrichten müssen, die jeder Azubi hätte erledigen können, für die der Kunde 96,--€ + MwSt pro Stunden gezahlt hat.
Im Bereich der Managementberatung und Prozessoptimierung habe ich allerdings auch häufig den Eindruck, dass zum reinen Selbstzweck und ohne erkennbaren Nutzen (oder im Gegenteil) umorganisiert und restrukturiert wird. Häufig beginnt die nächste Restrukturierung schon, bevor die letzte überhaupt vollständig umgesetzt war. Da werden die abenteuerlichsten Businesscases gerechnet und Annahmen getroffen.. wenn man das hinterher mal nachrechnet / prüft ..
Aber dann gibt es genug Gründe, warum das nicht soooo erfolgreich war und außerdem steckt man schon mitten im nächsten Projekt und hat keine Zeit aus den Fehlern des letzten zu lernen.
Für meine Branche und mein Unternehmen im speziellen, kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass wir dem Auftraggeber nur Nutzen bringen. Wir erledigen Projektaufgaben in einer Qualität, in zukunftsfähiger Technologie und zu einem Preis, wie es dem Kunden mit Eigenmitteln nicht möglich gewesen wäre. Die meisten Projekte bieten wir außerdem inzwischen zu Festpreisen an, teilen also auch das Risiko und sind vergleichsweise günstiger, als die ganz Großen, ohne schlechter zu sein.
Einige pauschalisierende Aussagen hier finde ich schon recht befremdlich, vor allem jene vom Eisbär, der ein extrem stereotypes Bild von Beratern vermittelt und jeden persönlich zu kennen scheint.
Die Kunden sind auch nicht generell völlig verblödete Idioten, die sich von durchgestylten Beratern blenden und jeden Mist verkaufen lassen.