Original von HKD_H_A_T_E
du argumentierst normativ wenn nicht fundamentalistisch, exzessiv und narzistisch (wobei ich der letzten beiden sünden sicherlich auch schuldig bin).
die welt ist nicht rein ökonomistisch, nur weil das die ecke ist, in welcher du dich gerade auskennst (und was sie ist, bleibt letztlich ein rätsel, mit welchem wir uns interessiert beschäftigen, weiter - hoffentlich demütig - im trüben fischen).
aber die deinerseits demonstrierte, letztlich blinde ökonomie-, theorie- und modellgläubigkeit finde ich wirklich besorgniserregend.
dabei zu meinen, dass die richtigkeit der argumentation mit der elaboriertheit der wortwahl (also den gegner mit fach-semantiken an die wand pressen, n paar minderwertigkeitskomplexe aktivieren und dann noch mit der akademischen walze drüber rollen) ist keine kunst - immerhin machst du seit jahren nichts anderes (wie ich auch - wahrscheinlich kannst du dafür - wie ich auch - keinen nagel gerade in die wand schlagen).
wer letztlich nur in einem paradigma (hier: dem ökonomischen) intellektuell und rationell manövrieren kann, ist vielleicht ein tauglicher fachspezialist - den man dann sinnvollerweise in einem fensterlosen keller fünfzig stockwerke unter der etage einquartiert, wo relevante entscheidungen tatsächlich getroffen werden (jedenfalls stelle ich mir so eine bessere welt vor - man bleibt naiv...).
Sehr schön, das hänge ich mir an die Wand (meine ich jetzt ernst, nicht ironisch). Beim Narzismus hast du sicher recht. Fundamentalistisch in der Diskussion ja - theoretisch lasse ich für mich offen, ob es ein besseres Diskriminierungsinstrument als den Markt gibt - d.h. es gibt es sicherlich, aber ich kenne keines. In der Diskussion wiederhole ich dieses Mantra natürlich nciht ewig, sondern gehe halt vom Markt als besten bekannten Diskriminierungsinstrument aus.
Das mit dem normativ hat mich richtig getroffen. Irgendwo hast du zwar recht, aber meine Maxime heißt bestmögliche Welt, in Nutzeneinheiten durchaus tautologisch definiert. Wegen vielfältigster Probleme schwanke ich zwischen Sozialem- und Paretokriterium.
Ist dies wirklich normativ? Dogmatisch gesehen ja, aber dann ist jegliches Argument normativ. Ich versuche ja eben mich von allen Einflüssen, welche nicht in das Modell gehören frei zu machen, um nicht in solche Fallen zu geraten. Unter normativ verstehe ich eher, daß ich schon ein Ergebnis im Kopf hätte, welche ich argumentativ zu beweisen versuche. Für dich schaut es natürlich so aus, fast reiner Marktfundamentalismus. Ich komme da aber nicht sofort drauf, sondern eben durch verschiedenste Überlegungen.
Ich sage es gern noch einmal: Die Welt ist nciht rein ökonomisch, genauso wenig, wie der R³ der Anschauungsraum ist - wir sind ja auch nciht alle Tripel. Aber wir können die Realität nur in Modellen erfassen - dann sollten wir auch so konsequent sein, und die Modelle so zu ende Denken. Es gibt keine vernünftigen Modelle, in denen eine der Realität angenäherte Vielzahl von Variablen betrachtet wird. Unser Geist mag nciht geübt sein konsequent bestimmte Aspekte auszublenden, wir können ja auch Wahrscheinlichkeiten nicht intuitiv begreifen und verschätzen uns da regelmäßig. Eine integrierte Sichtweise, wie sie die meisten Menschen zur Entscheidungsfindung benutzen liefert zwar Ergebnisse, wie bestimme ich aber deren Wert? Hier meine ich eine Art wissenschaftlichen Wert, wie sicher ist die Prognose, wo liegen mögliche Fehlerquellen etc. Integrieren wir Sichtweise und Modelle, können wir diese Abschätzungen nciht mehr treffen. Deswegen beschränke ich mich auf wenige Variablen und Treffe Annahmen, kann aber die Modellfehler gut abschätzen.
Letzlich könnte man noch eine gewisse Interdependenz zwischen Modellen und der Wirklichkeit unterstellen, also eine Art Reflexivität. ;-) Dann Beeinflußt die Formulierung des Modells die Realität, und diese wiederum mein Modell...
dabei zu meinen, dass die richtigkeit der argumentation mit der elaboriertheit der wortwahl (also den gegner mit fach-semantiken an die wand pressen, n paar minderwertigkeitskomplexe aktivieren und dann noch mit der akademischen walze drüber rollen) ist keine kunst - immerhin machst du seit jahren nichts anderes (wie ich auch - wahrscheinlich kannst du dafür - wie ich auch - keinen nagel gerade in die wand schlagen).
Das muss ich nochmal herausstreichen, sehr richtig, alles *g* - ich hatte es ja vorher schon paraphrasiert:
Original von AtroX_Worf
Ok, die Diskussionsrichtung war vorauszusehen: Auf ökonomischen Gebiet wird man mich nicht schlagen, also müssen die Werte herausgestrichen werden, um ökonomische Ineffizienz überzukompensieren.
Ich verweise auf den Zwang und dessen Rechtfertigungsmängel, dann wird der Zwang mit einer höheren Idee gerechtfertigt. So weit, so voraussehbar.
Wobei ich meine Wortwahl jetzt nicht wirklich "elaboriert" fand: Du kommst doch auch aus einem universitären Umfeld, es geht noch 3 Stufen höher, wobei die letzte dann praktisch unverständlich ist.
btw, mal was zur Fachblindheit: Ich lese keine WirtschaftsWoche, Financial Times und den ganzen Scheiß wie meine Kommilitonen, die so schnell wie möglich bei ner Beratungsfirma anheuern und/oder Manager werden wollen, dabei aber nicht viel Wissen. Ich lese die Zeitungsfeuilltons und Fachfremde Bücher über (bestimmte) Philosophie, Wissenschaftstheorie und z.Z. Quantentheorie (
Danke Speci) - natürlich neben denen über stochastische Prozesse. Also würde ich mal behaupten, daß ich ein breiteres Interessenfeld als die meisten meiner Kommilitonen habe, welche die aktuellen Kursnotierungen der DAX-Unternehmen auswendig wissen.
Mal wieder zu was konkreten: Zu diesem Binswanger-Buch. Glaube, da hat bei StudiVZ.net jemand eine Wachstumstheorie von ihm gepostet, welche vorn und hinten nicht hingehauen hat.
Die Ökonomie basiert nicht auf Wachstumsannahmen, die einfachsten Modelle sind ja statisch. Prägnant gesagt entsteht Wirtschaftswachstum pro Kopf durch technischen Fortschritt. Da ich den Menschen als ewig neugieriges Wesen sehe, habe ich keine Angst, daß es zu einem Ende der Forschung kommen könnte. Endliche Ressourcen sind keine Beschränkung für unendliches Wachstum, da durch geeignete Kombination immer höhere Werte geschaffen werden können (man vergleiche nen Computer und dessen Wert und den Wert der einzelnen Materialien).
Bei entsprechender Parametrisierung kann man eh alles fitten - aber dies ist wieder eine Frage der Richtung. Als Ökonometriker habe ich da wohl eher Probleme, obwohl eigentlich meist auf wenige Wirkungsvariablen heruntergebrochen wird. Wenn man sich einen Sachverhalt aus der Realität nimmt und diesem mit einem Modell beschreiben möchte, ist es zwar hoch deskriptiv, aber meist auch zu star. Modelle von unten nach oben gebaut basieren auf sinnvollen Axiomen - erklären aber die Realität meist nicht gut in nullter Aproximation. Deswegen werden sie schnell sehr kompliziert (habe gerade ein Buch über die Modellierung von sozialen Systemen mit "brownian agents and active particels", also mit stochastischen Interaktionseinheiten. Nur davon muss man hier doch gar nicht anfangen. Man kann fast beliebig kompliziert werden - und man muss es wohl auch.

)
Im übrigen fußen die morderen Modelle nicht mehr auf einem home oeconomicus, sondern "nur" auf rationalen Individuen, welche wohlgeordnete Handlungsalternativen haben. Dabei müssen nicht alle möglichen Handlungsalternativen bekannt sein, die Informationsverarbeitungskapazität kann begrenzt sein. Rationale Entscheidung bedeutet nur, nach irgend einem Muster eine Alternative nicht vollkommen zufällig auszuwählen. Ich glaube, letzteres ist in der Realität gegeben. Becker hat diese Einschränkungen schon Ende der 50er/Anfang der 60er beschrieben.
Problematisch ist gerade die Wohlgeordnetheit (speziell Transitivität) der Alternativen, welche Kahneman und Tversky mit ihrer Prospect Theory (1979) angreifen. Sie reißen damit das ganze Fundament der Ökonomie mit einer ad-hoc Annahme ein, um die Theorie mit ihren Beobachtungen in Einklang zu bringen. Es gibt allerdings auch systemimmanete Methoden zur Erklärung, welche ich natürlich bevorzuge. ;-)
Im übrigen lese ich auch relativ kritische Bücher wie aus der Econophysics, welche die Existenz von Gleichgewichtszuständen in der Ökonomie bestreiten (auch ein Angriff auf unterster Basis). Ich denke diese Kritik könnte wirklich stimmen und würde die Ökonomie enorm verändern - aber nicht in den nächsten 10-15 Jahren. ;-) Soviel zu meiner Modellgläubgkeit, ich versuche schon sie aktiv zu wiederlegen - weniger im realen Experiment, mehr in theoretischen Aspekten, nichtsdesotrotz...
Zur inhaltlischen Diskussion:
Es ist fraglich, ob Wissenschaft ökonomischen Prinzipien gehorschen sollte oder nicht. Ich bin ehrlich gesagt unentschieden, weil ich die Konsequenzen nicht wirklich ermessen kann. Auf der einen Seite wäre solch eine Wissenschaft nicht Präferenzverzerrend und genau das, was die Menschheit anscheinend möchte. Allerdings weiß ich nicht, ob dynamisch nciht vielleicht andere Systeme, wo auch ein kirgisischer Berkdialekt seinen Platz hat, nicht doch überlegen sind. Tja, ich leiste mir manchmal auch den Luxus zuzugeben, daß ich keine konkrete Meinung habe. Im Zweifelsfall würde ich aber trotzdem für die ökonomische Behandlung votieren, da so zumindest in einem Fall ein Verhalten zum Optimum gewährleistet ist, wobei ich be der anderen Variante überhaupt keien Aussage treffen kann.
Die Kunst ist Privatsache des Künstlers, um es mir mal ganz einfach zu machen. Damit wird die Kunst vollkommen ökonomisiert. Ok, da gibt es negative Aspekte, aber ich sehe auch positive, aber will ich jetzt nicht weiter ausführen (hatte schon einige Male darüber nachgedacht, Wissenschaft ebenfalls).
Sport sehe ich so nicht. Bei Vereinsmannschaften ist Erfolg sicherlich auch käuflich, siehe Chelsea. Allerdings kann der Sportler frei entscheiden. Er muss nciht dopen, zudem ist es verboten. Er bekommt einen irre hohen Ausgleich, wenn er über einen sehr kurzen Zeitraum Höchstleistungen erbingt. Letzlich muss ich mich da nciht einmischen, sondern überlasse es dem Menschen selbst.
Liebe ist ökonomisch nicht gut erfassbar, da würde ich dann andere Modelle verwenden (Matchmaking hat nichts mit nem ökonomischen Modell zu tun). Liebe ist keine wirklich begrenzte Ressource, sondern tendenziell unendlich vorhanden. Deswegen macht eine ökonomische Aufteilung keinen Sinn (habe ich aber auch schonmal drüber nachgedacht, ob man Liebe ökonomisch beschreiben kann

).
Eine ökonomische Theorie des Altruismus hat Gary S. Becker 1976 aufgestellt. Letzlich hat er Gruppenevolutionstheoretisch argumentiert. Durch die tautologische Anlegung in den Nutzenfunktionen ist Liebe oder Altruismus ja formal auch einfach fassbar.
Was Liebe wirklich ist, dies wird nicht geklärt - sondern nur ihre Wirkungsweise.
Jaja, was ist Liebe? Gilt Stendhals Kristallationstheorie oder eher die blumigen Ausschweifungen von José Ortega Y Gasset? Ich persönlich mag letztere sehr. Liebe als aktives Erhaltenwollen

Übrigens sehr guter Schriftsteller/Philosoph.
Hate, was hast du eigentlich studiert? Am Anfang hätte ich auf Philosophie getippt, aber hm....?!
@Sheep: Naja, um es nochmal ganz ehrlich und nüchtern zu sagen: Mir ist die praktische Anwendbarkeit relativ egal, ich sehe sie als netten Nebeneffekt von Modellen.

Ich will "Wahrheit", oder mich zumindest ihr nähern. Für mich müssen Modelle stimmig aus den Axiomen ableitbar und falsifizierbar sein. Natürlich ist ein Modell umso besser, je mehr oder genauer es die Realität erklärt. Letzlich kann man sie immer wieder bei realen problem anwenden.
Wenn ich Fehler entdecken wöllte, müsste ich mich nur in "richtige" BWL-Vorlesungen reinsetzen. Die Verwenden game theory auf einem abenteuerlichen Niveau oder haben so schlechte Modelle, da würde ich ganz krank werden. Ist zwar schon interessant, aber eine sehr deskriptive Wissenschaft, welche direkt auf Anwendbarkeit und damit Profitbeitrag aus ist. Meinetwegen, sollen die ruhig machen. Ich bin in nem anderen Bereich zuhause, Finanz- und Derivatemärkte und etwas Systemtheorie etc., Ausflüge in die Gesellschaft machen Spaß.