Dabei bin ich mir dessen bewusst, was
Martin Luther King vor Jahren während derselben Zeremonie sagte:
"Gewalt führt nicht zu dauerhaftem Frieden. Sie löst kein soziales
Problem, sie erzeugt nur neue und kompliziertere." Als jemand, der als
unmittelbare Konsequenz des Lebenswerks von Dr. King hier steht, bin
ich der lebendige Beweis für die moralische Kraft von Gewaltlosigkeit.
Ich weiß, dass die Überzeugung und das Leben von Gandhi und King nichts
Schwaches, nichts Passives und nichts Naives hatten.
Aber
als Staatschef, der kraft seines Amtseides verpflichtet ist, sein Land
zu schützen und zu verteidigen, kann ich mich nicht nur von ihrem
Beispiel leiten lassen. Ich stehe der Welt gegenüber, wie sie ist, und
ich kann angesichts der für die amerikanischen Bürger bestehenden
Bedrohungen nicht untätig sein. Denn täuschen Sie sich nicht: Das Böse
existiert auf der Welt. Eine gewaltlose Bewegung hätte Hitlers Armeen
nicht aufhalten können. Verhandlungen können die Anführer der Al Kaida
nicht überzeugen, ihre Waffen niederzulegen. Es ist kein Aufruf zum
Zynismus, wenn man sagt, dass Gewalt manchmal notwendig sein kann – es
ist eine Anerkennung der Geschichte, der Unvollkommenheit des Menschen
und der Grenzen der Vernunft.
Ich sage das und fange mit
diesem Punkt an, weil es heute in vielen Ländern eine tiefgehende
Ambivalenz bezüglich Militäraktionen gibt, unabhängig von der Ursache.
Und gelegentlich kommt dazu ein reflexartiges Misstrauen gegenüber den
Vereinigten Staaten, der einzigen militärischen Supermacht auf der
Welt.
Aber die Welt muss sich in Erinnerung rufen, dass es
nicht nur internationale Institutionen – nicht nur Verträge und
Erklärungen – waren, die in der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg für
Stabilität sorgten. Welche Fehler wir auch gemacht haben, eine einfache
Tatsache lässt sich nicht leugnen: Die Vereinigten Staaten von Amerika
haben dazu beigetragen, die globale Sicherheit seit mehr als sechzig
Jahren mit dem Blut unserer Bürger und der Stärke unserer Waffen zu
gewährleisten. Der Dienst und die Opfer unserer Frauen und Männer in
Uniform haben von Deutschland bis Korea Frieden und Wohlstand gefördert
und ermöglicht, dass Demokratie an Orten wie dem Balkan Wurzeln
schlägt. Wir tragen diese Last nicht, weil wir anderen unseren Willen
aufzwingen wollen. Wir tun es aus aufgeklärtem Selbstinteresse – weil
wir eine bessere Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder wollen und
glauben, dass ihr Leben besser sein wird, wenn die Kinder und
Enkelkinder anderer Menschen auch in Freiheit und Wohlstand leben
können.
Also ja, die Instrumente des Krieges müssen bei der
Sicherung des Friedens eine Rolle spielen. Und dennoch muss diese
Wahrheit mit einer anderen Wahrheit einhergehen – dass unabhängig
davon, wie gerechtfertigt er auch ist, Krieg unweigerlich zu
menschlichen Tragödien führt. Der Mut und die Opfer von Soldaten sind
ruhmreich, sie verleihen ihrer Hingabe für ihr Land Ausdruck, für die
Sache und ihre Waffenbrüder. Aber der Krieg selbst ist niemals
ruhmreich, und wir dürfen ihn auch nie als ruhmreich darstellen.
Also
besteht ein Teil der Herausforderung darin, dass wir diese beiden
unvereinbaren Wahrheiten miteinander in Einklang bringen - dass Krieg
manchmal nötig ist und auf einer gewissen Ebene Ausdruck menschlicher
Torheit.
BARACK OBAMA
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »b0ng0« (25.09.2010, 17:21)