, dass dein Kopf angewachsen ist, sonst hättest du ihn auch noch vergessen. Ich fand diesen Spruch nie besonders lustig, aber ab seit heute Nacht/Morgen wird mir jedes mal, wenn ich ihn höre wieder ein kalter Schauer über den Rücken laufen. Warum? Nun, alles fing an, als ich, als ich so gegen 6-7 Uhr heute Morgen mit einem stechenden Schmerz in der Schulter aufwachte. Es war noch halb dunkel, und durch die Vorhänge fielen nur spärliche Lichtstrahlen in mein Zimmer. Ich merkte, dass irgendwas nicht in Ordnung war. Ich lag auf dem Bauch im Bett (eine Schlafstellung, die ich generell hasse, aber meiner Freundin zu liebe (ich hatte auf der Party am Abend vorher das ein oder andere Bier getrunken, was Schnarchgefahr bedeutete) schlafe ich manchmal so). Um einen Überblick über die Lage zu gewinnen und herauszufinden, warum mir meine rechte Schulter so weh tat, stütze ich mich ein wenig auf dem linken Arm ab, wodurch sich mein Gewicht auf den rechten Arm verlagerte. In diesem Moment merkte ich, was nicht stimmte. Ich spürte meinen rechten Arm nicht. Nur einen Schmerz in der Schulter. Ab der Schulter nichts mehr. Kein Kribbeln, kein Stechen, kein Kontakt mit irgendeinem Gegenstand, nichts.
Mit der Unaufhaltsamkeit eines vorrückenden Gletschers griff eine eiskalte Hand nach meinem Herz. Ich merkte wie Panik sich in meinem Gehirn breit machte und jegliches logisches Denken zu verdrängen versuchte. Wo war mein Arm?! Wenn man seinen Arm nicht mehr fühlt, ist das Gefühl mit nichts bekanntem zu vergleichen. Egal an was man grade denkt, man weiß intuitiv exakt an welcher Stelle sich der linke Arm, das rechte Bein oder welches Körperteil auch immer befindet. Es ist einfach unmöglich im Normalzustand nicht über den Aufenthaltsort seiner Gliedmaßen Bescheid zu wissen. Aber ich wusste es nicht. Ich begann mich allen ernstes auf die Suche nach meinem Arm zu machen. Ich hob das Kopfkissen hoch, darunter war er aber nicht, also suchte ich ihn an der Stelle, an der ich ihn zuletzt gesehen hatte, an meiner schmerzenden Schulter. Sehen konnte ich allerdings nur meine Schulter. Ich fuhr mit meiner linken Hand zur rechten Schulter, und tatsächlich, irgendwas hing an meiner Schulter. Ich betastete den Gegenstand und war mir sicher, dass es sich um meinen Arm handeln musste. Ich richtete mich etwas mehr auf und sah (und wenn ich sage ich „sah“, dann meinte ich auch nur ich „sah“ und nicht etwa „fühlte“) meinen Arm unter meinem Körper. Von oben betrachtet lag er in einem ziemlich ungewöhnlichen Winkel nach hinten verdreht. Wenn ich also auf der Seite gelegen habe, schaute ich zwangsläufig in eine Richtung, mein Arm musste zu dem Zeitpunkt quasi wie bei einer Art Polizeigriff nach hinten raus geguckt haben. Kein Wunder also, dass ich ihn nicht entdecken konnte. Ich ergriff den Arm, wobei mich das blanke Entsetzen packte. Ich spürte den Arm nicht. Gar nicht. Es war, als ob er nicht existieren würde. Wenn man sich mit den Armen berührt „erwartet“ man Berührungsmeldungen im Gehirn von beiden Seiten. Aber da kam nur etwas von der linken Seite. Kein Kribbeln, kein Zeichen des Aufwachen der Hand. Ich habe meine Hand verloren. Sie wird amputiert werden. Ich bin ein Krüppel. Diese Gedanken schossen mir ins Bewusstsein. Ich hob die Hand hoch und ließ sie los. Nahezu lautlos fiel sie nach unten und blieb dort regungslos liegen. Ich konzentrierte mich darauf, den Arm zu heben oder zumindest wieder Gefühl in dem Arm zu verspüren. Nichts. Der Arm wirkte etwas dunkler als der andere, aber es kann auch sein, dass es nur wegen des schwachen Lichtes so wirkte, oder dass ich es mir gar einbildete. Ich schlug mehrmals mit meiner linken Hand auf meine rechte und wie aus dem Nichts, kam wieder Gefühl in meinen Arm. Ohne Kribbeln, wie wenn die Hand eingeschlafen ist oder so. Vollkommen unspektakulär. Plötzlich konnte ich sie wieder bewegen. Ich kann euch gar nicht sagen, wie erleichtert ich war, aber das Grauen saß mir immer noch tief im Gedächtnis.
Meinem Arm geht es jetzt gut, und das ganze hat wohl nicht mehr als eine Minute gedauert. Durch einen total bekloppten Zufall hatte ich erst vor Kurzem mit meiner Freundin darüber gesprochen. Ihr war vor einiger Zeit mal das gleiche passiert, weswegen sich meine Panik, nachdem ich den Arm wieder spürte in Grenzen hielt.
Im nachhinein wirkt alles surreal, und jemand, der es nicht selbst erlebt hat, bzw. dem nicht ein Körperteil amputiert wurde, kann sich nicht mal annähernd das Entsetzen vorstellen, dass man empfindet, wenn man ein Körperteil verliert. Selbst wenn es nachher doch nicht der Fall sein sollte.
Auch wenn ich den Text wie ich es immer tue, mit einer unterschwelligen Portion Humor geschrieben habe, und einige Stellen witzig wirkt, hoffe ich, euch auch nur einen Bruchteil des Schreckens vermittelt zu haben, der heute Nacht/Morgen in meine Glieder, bzw. in alle die etwas empfinden konnten, gefahren ist.
Auf jeden Fall weiß ich jetzt, was das Wort Morgengrauen bedeutet. Ich werde Morgen auf jeden Fall nach dem Aufstehen kontrollieren, ob ich noch alle Gliedmaßen besitze.
Mit freundlichen Grüßen
ein noch immer ziemlich ergriffener Banshee