Ich würde ja auch Zustimmen, dass manche Teile von Geisteswissenschaftlichen Strömungen nicht wissenschaftlich sind. Aber nur weil einige Teile nicht wissenschaftlich sind, oder ein Großteil der Geisteswissenschaftler Worfs Meinung nach die falschen oder unsinnige Fragen stellt, kann man nicht den Geisteswissenschaften per se die Wissenschaftlichkeit absprechen - und dann aber noch behaupten bei Sozialwissenschaften wäre es anders - ohne überhaupt eine gute und allgemeingültige Trennlinie zwischen Geistes- und Sozialwissenschaften zu finden und zu definieren, und zwar so, dass dann Geisteswissenschaften oder Teile einer Strömung in nicht doch in die Sozialwissenschaft rutschen. So eine Sichtweise ist einfach max. beschränkt - und die Polemik oben drauf ist auch unangebracht.Und was mich am meisten stört ist nicht unbedingt die Tatsache, dass du manchen Strömungen der Geistes- oder Sozialwissenschaften die Wissenschaftlichkeit absprichst (wo ich zustimme, was ich aber ehrlich gesagt nicht wirklich für relevant halte), sondern dass du (vor allem im Thread davor) mit einer Polemik über die Akademiker aus diesen Fachrichten herziehst, die einfach unangebracht ist - unabhängig davon, ob das jetzt ganz ernst gemeint war oder nicht. Welche Errungenschaften für das menschliche Zusammenleben, außer die so wichtige Stützung des BIP, haben denn puristische Naturwissenschaftler oder Ingenieure gebracht? Wenn du Mehrwert für die Gesellschaft mit monetärer Wertschöpfung gleichsetzt, kann ich deine Argumentation nachvollziehen, halte sie aber für zynisch.
Jemanden vorzuwerfen, dass er mit seinen Aussagen vor 250 Jahren einer heute nicht einmal vorherrschenden, weil ziemlich begrenzten und im Kern durch die Methoden bedingte, Wissenschaftsdefinition nicht genügt, zeugt auch nicht gerade von Stil und Verstand.
Nicht umsonst werden Leute wie Smith, Bentham, Ricardo etc. ja nicht nur Ökonomen genannt, sondern eben auch Moralphilosophen. Das ist ja genau Rommels Argument, diese Trennung von Philosophie/Geisteswissenschaften und den Sozialwissenschaften ist eine Entwicklung des 20. Jahrhunderts. Sie ist aber weder vollständig noch ist abschließend klar, ob sie es jemals sein wird bzw. überhaupt sein kann.
Es ist qualitativ übrigens auch kein Unterschied, ob man sich als Sozialwissenschaftler nun einseitig der geistes- oder naturwissenschaftlicher Logik hingibt und die entsprechenden Methoden verwendet, beides ist m.M.n. nicht wirklich sinnvoll, weil dem Untersuchungsgegenstand "Gesellschaft" unangemessen.
Wenn für dich, Worf, also nur testbare bzw. falsifizierbare Aussagen wissenschaftliche Aussagen sind, dann hättest du Physik studieren sollen. In den Sozialwissenschaften muss man sich (leider) manchmal damit abfinden, dass eine Aussage nur in einem gewissen Kontext galt, der nicht mehr reproduzierbar ist, weil Gesellschaft ja gerade über den Schnittpunkt von Politik und heute Wirtschaftswissenschaften, früher Soziologie und Politikwissenschaften, unmittelbar auf medial verbreitete Ergebnisse reagiert und sich ggf. verändert und anpasst.
Finde vor allem deine Aussagen bzgl. (Post-)Strukturalismus und Konstruktivismus irgendwie vollkommen unsinnig Worf. Schließlich entstanden die in den Sozialwissenschaften genau aus dem Grund, weil "einfache" Theorien und Wirkungszusammenhänge immer nur fallabhängig galten und in anderen Situationen einfach nachvollziehbar nicht zutrafen, sondern dafür eben andere Wirkungszusammenhänge offensichtlich vorherrschend waren. Postmoderne Theorien sind ja im Grunde, auch wenn sie nicht als solche bezeichnet werden, das Eingeständnis der Sozialwissenschaften, dass ein klar umrissenes, funktionierendes Modell der Realität bisher aus unterschiedlichen Gründen nicht mal annähernd in Reichweite ist.
Um den Schwenk zu den Naturwissenschaften zu machen, auch wenn der Vergleich sicher (wie du sicherlich ausführen wirst, sonst wärst du nicht Worf...) an manchen Stellen hinkt: Die Zusammenführung von Quanten- und Relativitätstheorie hat bisher ja auch noch keinen Durchbruch erfahren, obwohl seit Jahrzehnten daran gearbeitet wird. Und da sind ja, auch wenn sie natürlich unglaublich komplex sind, im Grunde "nur" zwei Wirkungszusammenhänge, die zusammengeführt werden müssen. In den Sozialwissenschaften müssen ja viel mehr Wirkungszusammenhänge vereinigt werden. Selbst wenn das rein mathematisch/empirisch gelöst werden kann, was ich einfach entschieden ablehne: Mit welcher methodischen Herangehensweise soll das bitte funktionieren?
Und was mich am meisten stört ist nicht unbedingt die Tatsache, dass du manchen Strömungen der Geistes- oder Sozialwissenschaften die Wissenschaftlichkeit absprichst (wo ich zustimme, was ich aber ehrlich gesagt nicht wirklich für relevant halte), sondern dass du (vor allem im Thread davor) mit einer Polemik über die Akademiker aus diesen Fachrichten herziehst, die einfach unangebracht ist - unabhängig davon, ob das jetzt ganz ernst gemeint war oder nicht. Welche Errungenschaften für das menschliche Zusammenleben, außer die so wichtige Stützung des BIP, haben denn puristische Naturwissenschaftler oder Ingenieure gebracht? Wenn du Mehrwert für die Gesellschaft mit monetärer Wertschöpfung gleichsetzt, kann ich deine Argumentation nachvollziehen, halte sie aber für zynisch.
Ich würde ja auch Zustimmen, dass manche Teile von Geisteswissenschaftlichen Strömungen nicht wissenschaftlich sind. Aber nur weil einige Teile nicht wissenschaftlich sind, oder ein Großteil der Geisteswissenschaftler Worfs Meinung nach die falschen oder unsinnige Fragen stellt, kann man nicht den Geisteswissenschaften per se die Wissenschaftlichkeit absprechen - und dann aber noch behaupten bei Sozialwissenschaften wäre es anders - ohne überhaupt eine gute und allgemeingültige Trennlinie zwischen Geistes- und Sozialwissenschaften zu finden und zu definieren, und zwar so, dass dann Geisteswissenschaften oder Teile einer Strömung in nicht doch in die Sozialwissenschaft rutschen. So eine Sichtweise ist einfach max. beschränkt - und die Polemik oben drauf ist auch unangebracht.
Und wo war jetzt dein Definition von Wissenschaft bzw. Wissen? Sorry falls ichs übersehen hab, bitte den Link zum Post posten. Aber schon lustig, wenn du Mathematik als nicht wissenschaftlich nennst (weils ja nach deiner Definition kein Wissen schaft), aber andere Wissenschaften dann auf die Mathematik zurückgreifen müssen. Ist ja schon max wissenschaftlich, wenn der Unterbau nicht wissenschaftlich ist.Ich würde ja auch Zustimmen, dass manche Teile von Geisteswissenschaftlichen Strömungen nicht wissenschaftlich sind. Aber nur weil einige Teile nicht wissenschaftlich sind, oder ein Großteil der Geisteswissenschaftler Worfs Meinung nach die falschen oder unsinnige Fragen stellt, kann man nicht den Geisteswissenschaften per se die Wissenschaftlichkeit absprechen - und dann aber noch behaupten bei Sozialwissenschaften wäre es anders - ohne überhaupt eine gute und allgemeingültige Trennlinie zwischen Geistes- und Sozialwissenschaften zu finden und zu definieren, und zwar so, dass dann Geisteswissenschaften oder Teile einer Strömung in nicht doch in die Sozialwissenschaft rutschen. So eine Sichtweise ist einfach max. beschränkt - und die Polemik oben drauf ist auch unangebracht.
Wieso denn? Ich bin ja von einem Wissenschaftlichkeitsbegriff ausgegangen. Kann es denn irgendein Wissen geben, welches ich als Wahr erkennen kann, ohne Bezug auf die reale Welt zu nehmen? Was bedeutet es denn überhaupt für eine Aussage, "wahr" zu sein? Wie kann ich feststellen, ob eine Aussage (entweder über eine andere Aussage, oder über die reale Welt) wahr ist oder nicht?
Dies sind doch die grundlegenden Fragen, welche man sich als erstes Stellen muss. Ich finde es unsinnig Wissenschaft als Anwendung bestimmter Methodik zu erklären bzw. als alles, was in Universitäten gemacht wird. Siehe dazu der Vortrag über Cargo Cult Science von Feymann.
Natürlich kann man meine obigen Fragen unterschiedlich beantworten. Ich finde meine Antworten am sinnvollsten, sonst hätte ich sie ja nicht.Daraus leitet sich dann auch recht direkt ab, wie man Wissenschaft betreiben sollte bzw. was alles echte Wissenschaft nicht - und was nicht.
Mathematik fällt bspw. auch als echte Wissenschaft raus, genauso wie Philosophie. Beides mag ich sehr, beide stellen interessante Fragen bzw. finden darauf interessante Antworten. Es muss ja nicht alles Wissenschaft sein, was interessant ist.
This post has been edited 1 times, last edit by "Kastor" (Feb 11th 2012, 8:58pm)
Sorry für das etwas konfuse bzw. die teilweise falschen Begriffe, hab gerade nicht den Nerv dafür, hier alles 100% korrekt auszuformulieren.Nur kurz: Mathematik ist liefert nur die Sprache und die Methoden. Diese selbst sind nicht wissenschaftlich, man benötigt sie allerdings, um Theorien durch sie auszudrücken etc.
Mathematik hat keinen Realweltbezug, d.h. man kann mathematische Theoreme niemals anhand Sachverhalte der realen Welt beweisen. Dafür gibt es in der Mathematik den Induktionsbeweis, den es so rein nur in der Theorie geben kann, siehe Induktionsproblem. In der Mathematik zeigt man immer nur bei einem Beweis, dass die Aussage logisch aus den Axiomen folgt, d.h. konsistent in alles bisher erreichte passt. Was in der realen Welt vorgeht ist in der Mathematik vollkommen egal. Als recht pure Logik gewinnt man aber eine enorm leistungsfähige Sprache, welche in der Modellwelt ihre Leistungsfähigkeit zeigen kann.
Wenn man Wahrheit nicht nur als Konsistenz im eigenen Kontext betrachtet, sondern es für diese Entscheidung Evidenz aus der Realität geben muss, dann kann man keine mathematische Aussage als "wahr" oder "falsch" entscheiden.
Deine sonstigen Schlüsse wirken konfus bzw. ich verstehe nicht, auf was du hinaus willst. Die Prämisse deines Schlusses, dass man nur aus etwas wissenschaftlichem etwas anderes wissenschaftliches Folgern kann, ist schon nicht sinnvoll. Das kann man auf Kategorientheorie zurückführen bzw. auf das philosophische Problem der Aussagen über Aussagen.
Was studierst du eigentlich?
Der Punkt bei Cargo Cult Science ist nicht, ob es irgendwo auch Negativbeispiele gibt - die wird es sicher in jedem Feld geben. Allerdings in unterschiedlicher Häufigkeit!
Insgesamt geht es aber um einen Streit der Methodologie, und die Naturwissenschaften sind in ihrem Selbstverständnis recht immun gegen die negativen Aspekte, welche Feyman aufzählt. Daher ist es für die Naturwissenschaften nicht wirklich relevant.
Deinem letzten Satz stimme ich zu, Attila hat das nicht ganz verstanden.
Was ich meinte ist folgendes: Wenn ich einen Apfel und noch nen Apfel habe, dann hab ich keine zwei Äpfel? Lässt sich dann ein mathematisches Theorem nicht als Modell umfunktioniert verifizieren?
Dass das Theorem für sich alleine keinen Realitätsbezug hat ist klar, aber viele naturwissenschaftliche Modelle (wenn nicht sogar die meisten) geben auch nur in einem Kontext Sinn. Ich verstehe schon, was du meinst, aber ich halte diese Definition von Wissenschaft nicht wirklich für pragmatisch sinnvoll. Du hast ja am Ende eh nichts gewonnen. Und du willst ganz sicher nicht, dass es keine Lehrstühle und ein Studium für Mathematik gibt, nur weil die Mathematiker die Welt nicht erklären wollen, sondern nur ihre Arbeit dafür benutzt wird. Wissen schaffen sie dadurch ja trotzdem.
Sollten deswegen Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften nicht mehr universitär gelehrt werden?
Ja schon richtig, aber darum gings mir nicht --> du redest mal wieder an der Sache vorbei.Nein, hast du nicht.Apfel ist ja schon eine Abstraktion von dem einen Ding, der andere Apfel ebenfalls. Dadurch, dass du zwei unterschiedliche Dinge unter einem zusammenfasst macht es überhaupt erst Sinn, dass du bis 2 Zählen kannst. Wäre es ein Apfel und eine Birne, dann könntest du nicht 2 Äpfel zählen - wohl aber 2 Früchte, eine andere Abstraktion.
Das es "2" Dinge sind, ist keine Aussage über die Welt, sondern einfach eine Definition. Du nennst etwas "2", wenn diese Abstraktion bestimmte Eigenschaften erfüllt. Damit sagst du aber nur etwas im Modell selbst aus, und nicht über die reale Welt. Der realen Welt ist ja egal, ob du 2 Früchte von einem Baum zu einer Kategorie zählst, oder nicht.
Du kannst also, ohne diese Abstraktion und Zusammenfassung von Dingen zu Gruppen, dies in der realen Welt nicht verifizieren. Das du etwas zu einer Kategorie zusammenfassen kannst enthält ja im Prinzip schon (fast) alles, was du über Zählen wissen musst. Aber dies ist ja eine Idee, welche unabhängig vom Zustand der realen Welt funktioniert, d.h. du brauchst die reale Welt für den Beweis nicht.
Soll ich noch was über "als Modell umfunktioniert" sagen, oder erübrigt es sich hiermit?
Die Aussagen "Auf der Erde fallen Äpfel nach unten" kannst du hingegen ohne die reale Welt nicht auf ihren Wahrheitsgehalt untersuchen, auch wenn du alle Wörter vorher definiert hast. Hier abstrahiert man auch, d.h. man meint damit alle möglichen Äpfel. Diesen Term kann man über seine Eigenschaften jetzt beliebig genau definieren (aussehen, botanisch, DNA, wie auch immer).
Bei manchen Dingen kannst du keinen Wahrheitswert zuordnen. In der Geschichtswissenschaft hat man z.B. ja das Problem der Selektivität und der Perspektivität. Man kann keinen exakten Wahrheitswert zuordnen. Man kann aber abwägen und mit geeignetem Bezugsragen entscheiden ob etwas sooder so gewesen sein könnte. Und man ist immer abhängig von einer gewissen Fragestellung, die aus der Gegenwart entstammt. Das ist natürlich ein Problem und man kann nichts mit 100%er Gewissheit etwas feststellen. Da man abhängig von der Fragestellung ist, ist natürlich auch jede Untersuchung subjektiv - und dagegen hilft nur die Intersubjektivität des Faches.Ich will auch weiterhin, dass es Lehrstühle für Mathematik gibt. ;-) Auch Philosophie. Selbst Geisteswissenschaften, sie sollen sich nur reformieren.
Ansonsten denke ich schon, dass man mit meiner Definition von Wissenschaft einiges gewonnen hat, weil man Wissenschaft nicht über Tradition und die Anwendung einer bestimmten Methodik definiert, sondern von Prinzipien darüber, was die Bedeutung von Wissenschaft ist. Für mich ist es Wissen schaffen. Aber echtes Wissen sind nur entscheidbare Aussagen. Wann sind Aussagen entscheidbar, d.h. wann kann man ihnen sinnvoll einen Wahrheitswert zuordnen? Hier ist der entscheidende Punkt: Ich sage, dies geht nur in Rückkopplung mit der Realität, über die wir etwas erfahren wollen. Andere sagen, dass es ausreicht, wenn die Aussagen im eigenen Kontext widerspruchsfrei sind (für die Klasse der Aussagen, für die dies eindeutig gilt). Letzteres verneine ich, weil man prinzipiell nichts über die Axiome weiß, daher unter beliebigen konkurrierenden Axiomensystemen wählen kann und unterschiedliche richtige Aussagen enthält. Dies halte ich nicht für sinnvoll, von daher sollte man die Klasse der entscheidbaren Fragen auf diejenigen beschränken, welche einen Realbezug haben.
Sie sollten gelehrt werden - nur sollte man da auch Wissen schaffen. Ich habe oben beschrieben, dass aktuelle Geisteswissenschaft hochgradig selbstreferenziell ist. Und dann habe ich gerade beschrieben, wieso es imho notwendig ist um echtes Wissen zu erlangen, dass man Aussagen über die Realität macht, welche entscheidbar sind.
Ansonsten können Geisteswissenschaften Hilfs- bzw. Meta-Wissenschaften sein, wie Philosophie oder Mathematik. Aber ich sehe nicht, dass man neben diesen beiden noch weiteres braucht, um wissenschaftliche Modelle besser formulieren zu können.
Wie kommst du jetzt auf das Beispiel? Und zudem ist das praktisch eh quatsch, da man entweder von einem Idealtypus ausgehen muss, der mit der Realität nie übereinstimmt (d.h. man wird praktisch kein Wissen schaffen können), oder die Definition ist so kastriert, dass man zwar entscheidbare Aussagen machen kann - die aber in der Praxis sinnlos sind weil man keine Erkenntnis gewonnen hat, mit der man praktisch im Leben etwas anfangen könnte.Man kann sich sicher auch Gedanken über Demokratie machen, was das eigentlich ist. Da kann man nicht immer ausprobieren, sondern muss nach abstrakten Prinzipien etwas analysieren. Ob es sinnvoll war oder nicht, dass erfährt man allerdings erst, wenn man es in der Realität ausprobiert hat. Man kann aber sicher deduktiv sehr viele ungünstige Fälle ausschließen, weil man schon die Welt beobachtet hat und so weiß, was in ähnlichen Fällen funktioniert hat und was nicht.
This post has been edited 3 times, last edit by "Kastor" (Feb 11th 2012, 11:53pm)
Ja schon richtig, aber darum gings mir nicht --> du redest mal wieder an der Sache vorbei.
Bei manchen Dingen kannst du keinen Wahrheitswert zuordnen. In der Geschichtswissenschaft hat man z.B. ja das Problem der Selektivität und der Perspektivität. Man kann keinen exakten Wahrheitswert zuordnen. Man kann aber abwägen und mit geeignetem Bezugsragen entscheiden ob etwas sooder so gewesen sein könnte. Und man ist immer abhängig von einer gewissen Fragestellung, die aus der Gegenwart entstammt.
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Nach deiner Definition wäre es also keineWissenschaft - das ist verständlich, aber die Geschichtswissenschaft hat ja eben auch nicht den Anspruch, das zu sein.
Das ist natürlich ein Problem und man kann nichts mit 100%er Gewissheit etwas feststellen. Da man abhängig von der Fragestellung ist, ist natürlich auch jede Untersuchung subjektiv - und dagegen hilft nur die Intersubjektivität des Faches.
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Edit: Dass sich die Geisteswisseschaften zu sehr im Kreis drehen und zu wenig empirisch vorgehen - da stimme ich dir zu. Aber wenn das behoben wäre, könnte immer noch nicht nach deiner Definition Wissen geschaffen werden.
Aber nur weil man eben nicht so objektiv sein kann wie eine Naturwissenschaft und keinen exakten Wahrheitswert zuordnen kann, heißt es ja noch nicht, dass man es garnicht erst versuchen sollte. In der Geschichtswissenschaft und anderen Geistes bzw. Sozialwissenschaften ist eine professionelle Ausbildung und methodisch geregelte Forschung wichtig und auch für die Gesellschaft sinnvoll. Natürlich könntest du jetzt die Geschichtswissenschaft nicht mehr Wissenschaft nennen, aber dann bezeichnest du sie nur anders - ändern wird sich dann aber nichts.
Oder man könnte die Geistes und Sozialwissenschaften so reformieren, dass nur noch nach deiner Definition Wissen geschaffen wird - aber dann verlieren die Geistes- und Sozialwissenschaften ihre gesellschaftliche Relevanz, und dann ist der Nutzen für Gesellschaft gleich Null.
Genau das macht Geschichte unter anderem auch. Aber aufgrund der Selektivität und Perspektivität, ist es dennoch nicht möglich eine 100% Aussage zu machen, ob etwas wahr ist oder nicht. Aus einem beschränkten Quellenbestand lässt sich keine Wahrheit extrapolieren, und schon gar nicht nur eine.Manche Fragestellungen sind sicher keine wissenschaftlichen, bspw. alle Fragestellungen, welche Einzelereignisse betreffen. Da kann man grob Quellenarbeit betreiben und anhand der aktuellen Erkenntnisse versuchen ein konsistentes Bild zu weben. Aber dies ist ja nur ein Aspekt, Quelleninterpretation.
Man kann sich aber viele grundlegendere Fragestellungen nach Kräften vorstellen, welche historischen (und aktuellen) Ereignissen zugrunde liegen. Dann kommt man zu ökonomischen, oder allgemeiner, sozialwissenschaftlichen Fragen über lange Zeitskalen. Dies ist das eigentlich wissenschaftliche, was die Geschichtswissenschaft leisten könnte: Zu klären, was bestimmte Treiber für bestimmte Entwicklungen sind, wo man diese Entwicklungen wieder sehen kann und was man daher über die Gegenwart bzw. Zukunft aussagen kann. Natürlich sind nur Ereignisse sinnvoll, welche mehrmals auftauchten, d.h. nicht Französische Revolution, sondern Revolutionen allgemein. Oder auch sprunghafte Herrschaftsformwechsel, etc.
Ich denke übrigens, dass die Geschichtswissenschaft sich in ihrem Selbstverständnis schon für eine Wissenschaft hält. Ich würde dafür stärker den dann notwendigen interdisziplinären Charakter betonen und den Schwerpunkt mehr auf die Sozialwissenschaften legen. Ansonsten interpretiert man die gleichen Texte in jeder Epoche erneut und anders.
Das macht die GW ja auch teilweise. Siehe eben Sozialgeschichte bzw. auch Annales.Die Fragestellungen müssen nicht subjektiver als in anderen Wissenschaften sein: Wieso gibt es Völkerwanderungen, wie entstehen Religionen und wie breiten sie sich aus? Gilt dies allgemeiner für Ideen/Weltanschauungen, oder gab es eine bestimmte Zeit für Religionsausbreitung?
Welche Gesellschaftsstruktur begünstigt bestimmte Entwicklungen. Gibt es Lehren für eine Art Selbstselektion, wie sich Gesellschaften verändern müssen, um großen Herausforderungen trotzen zu können? Wie laufen im Allgemeinen Zusammentreffen von hoch- und niedrig entwickelten Kulturen ab? Wie bilden sich Bündnisse, kann man dies durch wenige erklärende Variablen gut beschreiben, oder wie hoch ist der Anteil persönlicher Sympathie/Antipathie der jeweiligen Anführer?
Ich habe hier überhaupt nichts definiert. Ich rede hier nur von Pragmatik. Es geht ja darum, dass die Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften eine gesellschaftliche Relevanz haben - und um die relevanten Fragen und Probleme der Gesellschaft auch überprüfbar zu beantworten bedarf es eben einer gewissen Methode und einer professionellen Ausbildung - sonst könnte ja jeder kommen - und deshalb müssen Sozial- und Geisteswissenschaften auch das Recht haben gelehrt zu werden und zu forschen. Wenn du sie aufgrund ihrer Subjektivität und der Unmöglichkeit, Wahrheiten 100% festzustellen nicht mehr wissenschaftlich nennen willst, meinetwegen. Aber deswegen müssen und sollen sie trotzdem professionell und mit gewissen Methoden (eben um überprüfbar zu werden) irgendwo ausgebildet werden und forschen können. Und sie aus der Universität zu schmeißen und die Institution anders zu nennen, hat nicht wirklich einen praktischen Wert, erst recht keinen ökonomischen.Genau das ändert alles, weil du Wissenschaft einfach nur wieder über die Anwendung einer bestimmten Methodik erklärst, wie beim Cargo Cult! Dann ist Religions"wissenschaft" auch eine Wissenschaft, wenn man nur die Quellen aufmerksam und sorgfältig genug studiert, unabhängig davon, dass Gott sich prinzipiell wissenschaftlichen Fragen entzieht? Wenn du die Existenz von Gott annimmst, dann kannst du damit prinzipiell alles erklären, weil es die stärkstmögliche Annahme ist. Daher ist es nie sinnvoll aus der Existenz Gottes etwas zu schlussfolgern, genauso wie aus dem Gegenteil. Umgekehrt kann man alle vorstellbaren Phänomene mit weniger starken Annahmen erklären als mit Gott. Aber dann hätte man einen Widerspruch, wenn man das Forschen über eine Frage, über die man als Menschen prinzipiell kein Wissen erlangen kann, auch als Wissenschaft bezeichnet. Das finde ich eine Verhöhnung aller echt wissenschaftlich arbeitenden Menschen.
Weil sich in den meisten Geisteswissenschaften z.B. in der Geschichtswissenschaft, etwas nicht mit 100%er Wahrscheinlichkeit und Objektivität feststellen lässt und die Untersuchung von der Fragestellung abhängig ist. Eine Geisteswissenschaft, die nur Fakten zusammenträgt und versucht rein objektive Sachurteile zu fällen, keine Problem- bzw. Fragstellungen aus der Gesellschaft aufgreift (und somit subjektiv wird) ist für die Gesellschaft nicht relevant. Wen interessiert es, ob es einen Karl den Großen gegeben hat oder ob es im Urwald in Brasilien irgend ein kulturell isoliertes Buschvolk gab? Dann sind wir doch wieder bei dem was und warum, statt dem "wie". Und das "wie" geht eben in den Geisteswissenschaften oft nicht so, wie in den Natur oder Sozialwissenschaften, aber nur weil es so nicht geht, macht es die Disziplin nicht weniger relevant.Wieso? Du solltest solch eine Behauptung schon begründen.
This post has been edited 2 times, last edit by "Kastor" (Feb 12th 2012, 1:26am)
Aber solche Fragestellungen sind doch erst recht subjektiv, da sie aus der Gegenwart entstammen. Migration, Revolution, das mögen für uns relevante Themen sein, für eine Gesellschaft in 100 oder 200 Jahren vielleicht nicht mehr. Begriffe wandeln sich, was früher Krieg bedeutet, ist nicht mehr, was heute Krieg bedeutet. Die Wahl der Quellen erfolgt anhand der Fragestellung und die Quellen werden anhand der Fragestellung betrachtet. Das hat Einfluss auf das Ergebnis. Es macht einen großen Unterschied ob man ein und dieselbe Quelle sozialgeschichtlich, kulturgeschichtlich oder politikgeschichtlich betrachtet.
Einfache Sachurteile, z.B. die Existenz des Holocausts, sind aber deshalb auch nicht weniger relevant. Ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der z.B. Holocaustleugner nicht von einer (als eine angesehene) Wissenschaft die Leviten gelesen bekommen.
Ich habe hier überhaupt nichts definiert. Ich rede hier nur von Pragmatik. Es geht ja darum, dass die Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften eine gesellschaftliche Relevanz haben - und um die relevanten Fragen und Probleme der Gesellschaft auch überprüfbar zu beantworten bedarf es eben einer gewissen Methode und einer professionellen Ausbildung - sonst könnte ja jeder kommen - und deshalb müssen Sozial- und Geisteswissenschaften auch das Recht haben gelehrt zu werden und zu forschen. Wenn du sie aufgrund ihrer Subjektivität und der Unmöglichkeit, Wahrheiten 100% festzustellen nicht mehr wissenschaftlich nennen willst, meinetwegen. Aber deswegen müssen und sollen sie trotzdem professionell und mit gewissen Methoden (eben um überprüfbar zu werden) irgendwo ausgebildet werden und forschen können. Und sie aus der Universität zu schmeißen und die Institution anders zu nennen, hat nicht wirklich einen praktischen Wert, erst recht keinen ökonomischen.
Edit: Mal ganz abgesehen davon, finde ich immer wieder lustig, wie du Religionswissenschaft auf sowas beschränkst. Natürlich könnte man die wissenschaftlichen Aspekte der Religionswissenschaft auch wo anders auslagern - nur das wäre max. unpraktisch. Weil für dich Glaube nicht relevant ist, heißt es noch lange nicht, dass es für den Großteil der Gesellschaft irrelevant ist. Weils relevant ist, werden Pfarrer, Priester und sonstige ausgebildet. Und es ist halt nun mal praktischer (erst recht, da historisch so gewachsen) Pfarrer, Priester und alle anderen, die sich eben für Religion interessieren an einem Ort auszubilden. BTW haben Mediävistik, Altertumswissenschaften und co. auch nicht unbedingt viel miteinander zu tun - bis auf ähnliche Methoden. Aber für die Lehrerausbildung ist es eben auch praktischer, das in einen Topf zu werfen.
Weil sich in den meisten Geisteswissenschaften z.B. in der Geschichtswissenschaft, etwas nicht mit 100%er Wahrscheinlichkeit und Objektivität feststellen lässt und die Untersuchung von der Fragestellung abhängig ist. Eine Geisteswissenschaft, die nur Fakten zusammenträgt und versucht rein objektive Sachurteile zu fällen, keine Problem- bzw. Fragstellungen aus der Gesellschaft aufgreift (und somit subjektiv wird) ist für die Gesellschaft nicht relevant. Wen interessiert es, ob es einen Karl den Großen gegeben hat oder ob es im Urwald in Brasilien irgend ein kulturell isoliertes Buschvolk gab? Dann sind wir doch wieder bei dem was und warum, statt dem "wie". Und das "wie" geht eben in den Geisteswissenschaften oft nicht so, wie in den Natur oder Sozialwissenschaften, aber nur weil es so nicht geht, macht es die Disziplin nicht weniger relevant.Wieso? Du solltest solch eine Behauptung schon begründen.
Ist es nicht. Vor 200 Jahren wurden vielleicht die selben Fragen gestellt, wurden aber anders beantwortet, als wir es heute tun würden. Aber deshalb hat man trotzdem heute einen anderen Blick auf die Vergangenheit als vor 200 Jahren. Oder was interessiert mich der Historismus von vor 100 Jahren? Man ist heute vielleicht doch eher an Sozialgeschichte interessiert.Es ist doch irrelevant, ob man später eine Frage als interessant betrachtet oder nicht. Solange man sie sinnvoll stellen und beantworten kann, ist es ok. Und natürlich werden nur Fragen gestellt, welche uns aktuell interessieren oder für uns aktuell interessant sind. Man könnte ja prinzipiell jede Frage stellen.
Du redest (wie so oft), leider am Kern der Sache vorbei. Hier geht es nicht um Denkverbote oder gewisse Gruppen mundtot zu machen. Es ist ist nunmal unpraktisch, wenn jeder Bürger selbst forschen und überprüfen muss, ob es den Holocaust gegeben hat. Aber durch die prinzipielle Nachprüfbarkeit der Masse an Publikationen darüber reicht eben aus, um davon auszugehen, ohne selbst forschen zu müssen. Aber ohne gewisse Methoden und eine gewisse Ausbildung, um Methoden anwenden zu können hätten wir diese Verfügbarkeit von "Wissen" eben nicht. Natürlich kann jemand mit einer Theorie kommen, aber sie wird entweder nicht nachprüfbar sein, oder es wird sich herausstellen, dass die Quellen gefälscht wurden, Quellen bewusst ignoriert wurden, oder Quellen nach dem großteil anderer Forscher falsch ausgelegt wurden. Wenn du niemanden ausgebildet hast, der die Theorien überprüfen kann, dann hast du eben in der Gesellschaft ein Problem, wenn Geschichte erfunden, gefälscht und instrumentalisiert wird, wie es der Politik und den Medien gerade so passt.Das ist aber subjektiv, dass du einen Aspekt als unumstößlich herausgreifst und jede Debatte darüber verbieten möchtest. Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, wo es solche Denkverbote gibt. Ansonsten ist die Evidenz für den Holocaust ja sehr überwältigend. wenn aber jemand denkt diese Evidenz durch eine andere Theorie irgendwie besser erklären zu können, so soll er dies versuchen.
Hier implizierst du, dass die Disziplinen an der Universität nach deiner Definition Wissen schaffen soll. Das ist aber in der Realität nicht unbedingt so, bzw. in manchen Bereichen auch gar nicht möglich bzw. sinnvoll, wie ich ja schon dargelegt habe.Wenn der Staat Steuergelder investiert und bei der Ausbildung der Studenten der Großteil keine recht direkt verwertbaren Fähigkeiten erhält und dazu die Wissenschaft nicht das macht was was sie soll nämlich Wissen schaffen, so muss man sich imho fragen, wie man dieses System kurieren kann. Ein Anfang wäre wohl eine andere Methodenausbildung, welche nicht nur im eigenen Saft schmort. Mathematik im Grundstudium, Modelltheorie, ein Grundverständnis für Statistik etc., was jetzt praktisch gar nicht zum Curriculum gehört. Damit könnte man experimentieren. Zusätzlich sollte sich etwas in den untersuchten Fragestellungen ändern, damit man nicht nur selfstreferentiell Wissenschaft betreibt.
Sorry, aber du raffst es halt einfach nicht. Glaubst du ernsthaft, eine theologische Fakultät bildet nur Pfarrer aus und befasst sich nur mit nichtbeantwortbaren Fragen, ob es einen Gott gibt?Wieso wäre dies unpraktisch? Ich würde dies ehrlich nennen. Vor allem würde damit auch alles wegfallen, was eben nicht Wissenschaft ist bzw. sein kann. Und hier bin ich laizistisch, soll doch jede Religion ihre eigene "Forschung" selbst direkt finanzieren, da hat der Staat manche Gruppen nicht zu bevorteilen.
Das Laizismusargument passt auch darauf, dass jede gesellschaftliche Gruppe individuell Pfarrer, Priester etc. ausbilden kann. Wieso gibt man einigen Gruppen in einer Gesellschaft solche Privilegien, enthält es aber anderen vor (Scientology bspw.). Von außen erscheint jede Religion verrückt, dass ist ja ein Merkmal von Religion - sie postulieren unüberprüfbare ad hoc Erklärungen.
Ich sehe auch nicht, wieso es Religionslehrer geben sollte. Die haben in staatlichen Schulen imho nichts zu suchen. Allenfalls im Zeichen von Ethik können Religionen als kulturgeschichtliche Phänomene vorgestellt werden, aber für diese Lehrerausbildung braucht es keine Religions"wissenschaft".
Es geht um prinzipielle Überprüfbarkeit, was gewissen Methoden bedarf, und um Methoden anwenden zu können eber einer professionellen Ausbildung bedarf. Ob das jetzt "Wissenschaft" oder "methodisch überprüfbare Meinungsbildung" heißt, interessiert doch nicht. Der gesellschaftlichen Relevanz tut das keinen Abbruch. Du hängst dich da mal wieder an deinem beschränkten Wissensbegriff auf.Mit 100%iger Wahrscheinlichkeit lässt sich nichts über die reale Welt sagen. Ansonsten ist ja eben mein Kritikpunkt, dass man sich in den Geisteswissenschaften viel zu häufig Fragestellungen aussucht, wo man einfach prinzipiell keine sinnvollen Antworten drauf geben kann, d.h. wo man auch kein Wissen erlangen kann.
Probleme und Fragestellungen aus der Gesellschaft können trotzdem aufgegriffen werden. Aber was nützt es denn wissenschaftlich Fragestellungen aufzugreifen, wenn darauf keine Antwort möglich ist? Oder wenn man in seiner Wissenschaftsausrichtung durch Ideologie schon eine bestimmte Antwort vorweg nimmt?
Alle heutigen Diskurse können in einer offenen Gesellschaft doch auch weiter geschehen, nur nicht unter dem Deckmantel von Wissenschaft, wenn es nur um subjektive Meinungen geht.
This post has been edited 4 times, last edit by "Kastor" (Feb 12th 2012, 3:48pm)
Würde dir da auch zustimmen, dass es hier ne philosophische Debatte ist, bzw. finde ich es ist teilweise sogar ne rein begriffliche.Hab ich auch schon dran gedacht, stimmt aber nicht ganz. Es geht ja um Wissenschaftstheorie, d.h. Philosophie. Dies betrifft ja nur einen kleinen Teil der Geisteswissenschaften. Diese Fragen sind ja nicht entscheidbar, wie von mir konstatiert. Deswegen ja auch meine Aussage, dass es sich dabei um eine Meta-Wissenschaft handelt. Man wählt dasjenige System, welches einem am besten gefällt, weil es wünschenswerte Eigenschaften impliziert.
Aber unsere Diskussion ist in diesem Sinne nicht wissenschaftlich, weil wir nichts darüber raus bekommen, wie die reale Welt aussieht. Wie lernen nichts über die reale Welt, unsere Diskussion ist philosophisch.
Du vertrittst hier anscheinend unbewußt die Position des Methodenmonismus der 1920er Jahre, was ich ziemlich erheiternd finde, angesichts der Tatsache, dass du dich ja ziemlich intensiv mit Wissenschaftstheorie beschäftigt hast.
Die Unterschiede der Untersuchungsgegenstände Gesellschaft, Geist und Natur sind im Grunde banal nachzuvollziehen. Natur ist natürlich, es gelten universelle Naturgesetzte, denen alle Elemente gehorchen.
Gesellschaft hingegen ist ein artifizielles, ein menschgemachtes Konstrukt, es herrschen Normen, Werte, Regeln, die auch noch abhängig sind von Konzepten wie Kultur, Ort, Zeit, Kontext, Mentalität etc. Insgesamt wirken Myriaden von Einflüssen. Reflexivität, als ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, bedeutet hier, dass es einem natürlichen Teilchen mangels Bewußtsein egal ist, was ich über es sage. Es gehorcht Naturgesetzen. Treffe ich hingegen eine Aussage über Gesellschaft oder Teile davon, kann allein dies dazu führen, dass sie ihr Verhalten anpassen.
Die Komplexität und Dynamik von Gesellschaft wird meinen Studenten spätestens dann klar, wenn ich sie auf die Bedeutung von einzelnen Personen auf globale Entwicklungen verweise: Alexander der Große, Cäsar, Hannibal, Napoleon, aber auch Hitler, Stalin, Bin Laden etc. Das Modell bzw. die Theorie will ich sehen, die individuelle Motivation berücksichtigen, geschweige denn vorhersagen kann.
Die einseitige Fixierung auf naturwissenschaftliche Kriterien wie Testbarkeit/Falsifizierbarkeit von Aussagen und Ergebnissen zum Zwecke der Modell- und Theorievalidierung (was immer auch zum Ziel hat, Zukunftsprognosen treffen zu können) ist daher genauso unpassend, wie die einseitige Anwendung von geisteswissenschaftlichen Methoden wie z.B. der Hermeneutik oder der Dialektik, die ja dich so auf die Palme bringt. Für mich ist beides lediglich Ausdruck dogmatischen, und damit unwissenschaftlichen Denkens und einer unvollständigen Methodenausbildung und mangelnder Kenntnis über die eigene Wissenschaft.
Der historische Methodenstreit in den SoWi, mit den Gegensätzen Erklären (Naturwissenschaften) und Verstehen (Geisteswissenschaften), wird in den wirklich modernen SoWi sowieso pragmatisch mittels Methodenmix aufgelöst. Im Kern geht es in den SoWi als solchen also immer noch darum, dem Gegenstand angemessen Methoden zu entwickeln. Nichts anderes hat hier Rommel aber schon mehrfach gesagt.
Meine Güte Worf, lerne bitte bitte Dich pointiert auszudrücken. Du bist schlimmer ja als jeder Geisteswissenschaftler! tl;dr.
Ich sehe da keine stichhaltigen Argumente gegen Reflexivität oder gegen "extreme Ereignisse". Der Punkt war, dass niemand wissen kann, inwiefern eine bestimmte historische Person austauschbar wäre. Du relativierst das, kannst es aber eben nicht widerlegen. Ein stichhaltiges Gegenargument sieht anders aus. D.h., es ist nicht einmal ex-post zu erklären, welche Rolle z.B. Hitlers Wille/Bewusstsein/Geist gespielt hat. Wo wir wieder beim anderen Punkt wären, den Rommel hier auch schon zigmal gemacht hat, den du aber fleißig ignorierst (oder nicht kapierst): SoWi als historisch jüngste Wissenschafts-"Sparte" hat (noch) keine eigene Methode, weil die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes dafür sorgt, das weder die naturwissenschaftlichen noch die geisteswissenschaftlich Methoden problemlos darauf angewendet werden können. Methodenmix ist eine Art, damit umzugehen, der Versuch der "Approximation an ein noch zu findendes Optimum", wie Du vielleicht sagen würdest, aber eben nur eine.
Du vertrittst hier eine radikal-reduktionistische Position aus den 60er Jahren, basierend auf der Prämisse, dass Gesellschaft im Grunde durch Mikrophysik nicht nur erklärbar, sondern auch vorhersagbar wäre. Daraus schlussfolgerst Du, dass nur naturwissenschaftliche Methoden zu wissenschaftlicher Erkenntnis führen, Geisteswissenschaften Quatsch sind und alle SoWi gefälligst Deduktivismus und Falsifikation betreiben sollen, wenn sie zur Wissenschaft zählen wollen.
Jetzt stellt Dir vor, es gibt Leute, sogar ziemlich viele, die teilen Deinen Glauben (und nichts anderes ist es) nicht und finden allein schon die Prämissen und Deine Definition von Wissenschaft nicht stichhaltig, geschweige denn bedeutend, dann löst sich Deine ganze schöne Argumentationskette in Luft auf. Dieser fast schon zwanghafte Wunsch nach einem Konstrukt/Modell/Theorie zur Erklärung der Welt war mir schon immer suspekt, das hat etwas von religiösem Eifer in meinen Augen. Ich für meinen Teil will die Welt nicht nur erklären, sondern auch verstehen können.
Du solltest Dich dringend ein wenig mehr mit der Debatte um die "Scientific Method" beschäftigen, es verhärtet sich bei mir der Verdacht, dass Du zwei-drei Wikipedia-Artikel gelesen hast, aber im Grunde weder die mittlerweile historisch Debatte seit den 50er Jahren auch nur kennst noch das Problem durchdrungen hast. Hier mal ein paar Schlagwörter zur anfänglichen Recherche: Popper, Kuhn, Fodor, Reduktionismus, Deduktion, Induktion. Das würde uns allen viel Text deinerseits sparen. Ein schöner Einstieg: In Our Time vom 26.01.2012
Meine Güte Worf, lerne bitte bitte Dich pointiert auszudrücken. Du bist schlimmer ja als jeder Geisteswissenschaftler! tl;dr.
Der Punkt ist, dass man das alles nicht viel kürzer audrücken kann. Wenn ich mich pointierter Ausdrücke, würde ich wahrscheinlich viele falsche Aussagen machen, was ich nicht will. Man sieht ja sehr oft, dass viele deiner Aussagen trivial falsch sind, weil du dich einfach zu ungenau ausdrückst.