Zum Thema Slomka gab es kürzlich, vor dem Spiel Hertha-Schalke, einen herrlich polemischen Artikel über den "netten" Herrn Slomka in der Berliner Zeitung.
Hier ist er:
Falsches Spiel des netten Herrn Slomka
Wie sich Schalkes Trainer in Berlin viele Feinde machte
Matthias Wolf
BERLIN. Für das Magazin Kicker ist er der nette Herr Slomka, der es gesellig liebt. Sport-Bild schreibt, dass die Spieler ihn natürlich auch weiterhin duzen dürfen. Im ZDF-Sportstudio gab sich der grauhaarige Trainer des FC Schalke 04 derart eloquent und lächelte gekonnt in die Kamera, so dass ihm mancher Beobachter schon eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Hollywood-Star Richard Gere andichtete.
Der steht - Pretty Woman lässt grüßen - auch und vor allem als einer, der die sympathischen Rollen perfekt beherrscht. Keine Frage, Mirko Slomka, 38, hat die Regeln im oberflächlichen Business Bundesliga schnell kapiert. Das "Fischlein, das ins kalte Wasser geworfen wurde", wie Schalkes Manager Rudi Assauer ihn nannte, wirkt im Haifischbecken stets freundlich und bisweilen sogar fast unterwürfig im Umgang mit Reportern und auch mit vielen seiner Trainerkollegen.
Wenn er nun am Sonnabend mit seiner Mannschaft bei Hertha BSC antritt (15.30 Uhr/Olympiastadion), wird ihm in Berlin nicht jeder zujubeln. Denn Slomka wirkte vor fünf Jahren als Trainer bei Tennis Borussia. Sein Name steht mit für den Niedergang von TeBe. Und schon damals war seine scheinbar nette Art auch und vor allem eiskaltes Kalkül.
Heimlich im Büro
In Gelsenkirchen heißt es aus sicherer Quelle, Slomka sei schon längere Zeit vor der Ablösung von Cheftrainer Ralf Rangnick häufiger alleine zum vertrauten Gespräch im Büro von Andreas Müller gesehen worden. Der Teammanager ist inzwischen der starke Mann auf Schalke und präsentierte mit Slomka überraschend den bisherigen Assistenztrainer als Chef. Eine Variante, auf die Assauer "nie gekommen wäre", wie er auf einer Pressekonferenz süffisant mitteilte. Rangnick sagt mittlerweile, er sei enttäuscht und werde nie mehr mit Slomka zusammen arbeiten. Dieser habe nur zu genau von den Intrigen hinter seinem Rücken gewusst.
Und Slomka? "Ralf bleibt mein Freund", sagt er. Die Parallele zu Berlin ist frappierend: Im Sommer 2000, als Tennis Borussia die Lizenz entzogen wurde und der Verein in die Regionalliga abstieg, schien alles klar: Robert Jaspert, seit acht Jahren im Verein als Amateurtrainer tätig, war mit der Mannschaft ins Trainingslager nach Kienbaum gefahren und ging damals "fest davon aus, dass ich das Team auch in die Saison führe". Doch während er fleißig schuftete, suchte Mirko Slomka, damals Jugendtrainer bei TeBe, beruflich und privat oft die Nähe zu Erwin Zacharias, Vorstandschef und mit seiner Göttinger Gruppe mächtiger Geldgeber.
Jaspert sagt, er wolle "die Vergangenheit ruhen lassen". Aber Torsten Grunow, einst Fanbeauftragter und Mannschaftsbetreuer bei TeBe, später bei Hannover 96, wo Slomka auch arbeitete, ist noch immer wütend: "Der Mann hat keinen sauberen Charakter. Er ist einer, der skrupellos die Leute im Verein gegeneinander ausgespielt hat - mit Blick auf das eigene Fortkommen." Irgendwann fuhr plötzlich ein Bus in Kienbaum vor. Eine Liste wurde verlesen. Mit den Namen jener Spieler, die sich Slomka, ohne Absprache mit Jaspert, für seinen Kader ausgesucht hatte. Er, der im Männerbereich völlig Unerfahrene, wurde Chefcoach und sagte: "Ich hoffe, Robert ist nicht sauer."
Mit einem Kontrakt über drei Jahre und für einen Novizen unfassbaren 12 500 Euro Monatsgehalt wurde er damals ausgestattet. Das erste, geringer dotierte Angebot hatte er abgelehnt. "Er war schon damals sehr von sich überzeugt", sagt Michael Plassmann, bis 2001 TeBe-Geschäftsführer, heute Rechtsanwalt. Slomkas Verpflichtung war der Anfang vom Ende für die Charlottenburger. Im Jugendbereich noch sehr erfolgreich (da machte er sich aber bundesweit viele Feinde, weil er Talente für Monatsgagen von bis zu 2 000 Euro für TeBe abwarb), wirkte er in Liga drei völlig überfordert - trotz teurer Spieler und einem satten Budget von 12,2 Millionen Euro. Er wollte dem ganzen Verein ein System mit Vierer-Abwehrkette überstülpen. Nach fünf Niederlagen in Serie, darunter ein 1:7 gegen Uerdingen, musste Slomka gehen. Jaspert wurde sein Nachfolger, konnte den Scherbenhaufen aber auch nicht mehr kitten. Denn zuvor hatte Slomka die Mannschaft entzweit.
Resistent gegen Kritik und arg dünnhäutig wirkte er zuletzt, die Profis trainierten sogar in ihrer Freizeit, weil sie das Gefühl hatten, vom ausgebildeten Skilehrer nicht fachgerecht angeleitet zu werden. "Slomkas Argumente zur Krise waren am Ende dünn", sagt Plassmann. TeBe stieg als Tabellenletzter ab. Heftig auch die finanziellen Nachwirkungen: Der Trainer ging als Assistent von Rangnick zu Hannover 96, ließ sich dort aber nur als Praktikant führen - so kassierte er weiter das satte Salär aus Berlin. In Niedersachsen zeigte sich dann ebenfalls, dass er mit erfahrenen Spielern seine Probleme hat. Nur eines von vielen Beispielen: Oliver Schäfer, einst Meister mit Kaiserslautern, musste eine Geldstrafe berappen, weil er Slomka anblaffte: "Du hast doch selbst nie richtig Fußball gespielt." Der Assistenz-Trainer hatte ihn harsch angewiesen, den Ball anders anzunehmen.
Mentor Müller
Und auf Schalke? Bei seiner erst zweiten Cheftrainer-Station hält er sich an seinen Mentor Müller. Im Team hält er geschickt die Meinungsmacher wie den Dänen Ebbe Sand und Torhüter Frank Rost bei Laune. Den Kritikern hat er mit einem Satz den Wind aus den Segeln genommen: "Sollte ich die Champions League nicht mehr erreichen, bin ich zu schlecht für Schalke." Durch das 7:4 gegen Bayer Leverkusen hat sich Slomka fürs Erste Ruhe verschafft. Tags zuvor hatte noch die Bild-Zeitung, Assauers Zentralorgan, getitelt: "Slomka sitzt auf dem Pulverfass." Dass er überhaupt noch im Amt ist, verwundert manchen Experten ohnehin. "Unter Rangnick war ja angeblich das Mannschaftsklima so schlecht", sagt Udo Lattek, der vielfache Meistertrainer, "dafür ist der Assistent mitverantwortlich." Pause. "Slomka hätte mit rasiert werden müssen." Auf seine nette Art wusste das der Trainer zu verhindern.