Fragt man halbwegs gebildete Menschen wer
Charles Lindbergh war, so wird die Antwort oft lauten: "Der flog als erster über den Atlantik."
Leider nicht richtig und wohl die Folge einer Vereinfachung.
Vorweg, vieles kann man ja heutzutage bequem mit copy/paste machen.
Also bediene ich mich auch der Möglichkeit.
Eine gute Liste findet man u.a. hier:
http://de.wikibooks.org/wiki/Enzyklop%C3…mer/_Geschichte
Nun zurück zu Herrn Lindbergh.
Als er 1927 seinen berühmten Atlantikflug absolvierte, war dieses Unterfangen eigentlich schon ein alter Hut, denn schon 66 Menschen hatten diese Leistung vor ihm geschafft. Die erste Nonstop-Atlantiküberquerung von Amerika nach Europa mit einem Flugzeug war bereits 1919 durch John Alcock und Arthur Whitten Brown erfolgt.
Lindbergh konnte lediglich zwei weniger bedeutende Pioniertaten für sich reklamieren: Er überquerte als erster im Alleinflug den Atlantik und bewältigte dabei als erster die etwa 6000 Kilometer lange Strecke zwischen New York und Paris. Da der attraktiv aussehende Draufgänger Lindbergh nach seinem Flug schnell zum Medienliebling wurde, entwickelte er sich zum mit Abstand bekanntesten Atlantikflieger, der fälschlicherweise für den ersten gehalten wurde.
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"Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe".
Wirft man diesen Satz in die Runde, kommt meist aus einer Ecke "Winston Churchill".
Warum dieser Satz, dieses Zitat, nicht von Herrn Churchill stammt und wie es dazu kam es ihm zuzuschreiben kann man sehr gut hier nachlesen.
http://www.statistik.baden-wuerttemberg.…rag04_11_11.pdf
Kurzfassung (Zitat):
Churchill war überzeugt, dass Hitlers Erfolgsstatistiken nicht zu glauben sei. Auf Goebbels’ Weisung sollte die deutsche Presse Churchill als Lügner vorführen, der selbst Zahlen fälschte.
Diese beiden widersprüchlichen Aussagen paradox als Spitze gegen Churchill zu verbinden in der Formulierung „Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe“ ist nur ein kleiner Schritt.
Wer als erster die beiden Aussagen zusammenführte und publizierte, ist derzeit noch unbekannt.
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Nun mal etwas was nicht in der Wikiliste steht und einer meiner persönlichen Lieblinge ist.
Römische Kriegsschiffe und angekettete Sträflinge.
Wir haben ja alle Ben Hur gesehen und erinnern uns an die Szene des armen Charlton Heston, der auf einer römischen Galeere sein Dasein fristet und unerschütterlich an seine Rettung glaubt.
http://www.youtube.com/watch?v=TGSzePqtGBc
Ist ja bald wieder Weihnachten und da kommt der alte Schinken bestimmt wieder im Fernsehen.
Der Umstand das Sklaven und römische Kriegsschiffe auch gerne in den Asterixcomics themanisiert wird, verstärkt den Glauben, das es wohl so gewesen war.
Sich vorzustellen, das bei der Professionalität der römischen Armee, unter Deck auf einem Kriegsschiff, hunderte von verurteilten angeketteten Sträflingen, die nichts mehr zu verlieren haben, ihr Dasein fristen ist derart Absurd, das man mit gesundem Menschenverstand schon etwas zweifeln muss.
Etwas copy/paste:
Die Römer setzten den Einsatz von freien Ruderern fort. Sklaven wurden normalerweise nicht zum Rudern herangezogen, außer bei starkem Menschenmangel oder in extremen Notsituationen.
In der Antike war die Galeerenstrafe unbekannt, denn römische Kriegsschiffe wurden von gut ausgebildeten und bezahlten Seesoldaten gerudert. Es bedeutet hartes Training und viel Geschick, eine große Galeere gleichmäßig zu rudern.
... gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass antike Kriegsmarinen jemals verurteilte Verbrecher als Ruderer eingesetzt haben. Der antike Forçat ist folglich ein Anachronismus:
Eiserne Beinfesseln, die Peitsche, Galeeren, die schwimmende Konzentrationslager waren – all das gehört zur Welt des sechzehnten bis achtzehnten Jahrhundert und zu keiner früheren Epoche.
Eingeführt wurden die Galeerenstrafe im 15. und 16 Jarhundert und war Praxis in Frankreich, Spanien, dem Kirchenstaat (!), von den Habsburgern angewenden usw.
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Den hier kennt wohl auch jeder:
Ein Wikinger mit Hörnern am Helm.
Bei Wickie und die starken Männer sieht man dies auch.
http://www.tv-nostalgie.de/Sound/wickie13.jpg
Huch, wie sehen die Berserker bei Age aus?

Auch wieder mit gehörntem Helm. Sieht auch klasse aus.
Vom Aussehen zum Praxistest.
Zuerst der Angriff. Kann schon stören wenn man mit einem Schwert weit ausholt und oben hängen bleibt. Apropos hängenbleiben. Auf Schiffen, Takelage und so, bestimmt nicht hilfreich.
Zur Abwehr. Jetzt stellen wir uns mal einen gegnerischen Hieb auf den Kopf vor. Chance besteht das durch die Hörner der Schlag abgelenkt wird. Und wo der Hieb dann landet, na nicht besonders vorteilhaft.
Bei den Kelten gab es sowas, wurde aber auch nur bei kultischen Handlungen getragen.
Es wurden denn auch in den Gräbern der Wikingerzeit unter allen Beigaben kein Hörnerhelm gefunden, literarische Erwähnungen fehlen gleichfalls.
Es gab bei einer Ausgrabung mal Hörner neben dem Kopf. Später hat sich herausgestellt, das es sich um ein Trinkhorn als Grabbeigabe handelte.
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In der 5./6. Klasse wurde mir noch beigebracht das man "damals" glaubte das
die Erde ein Scheibe sei.
Um es kurz zu machen, nein auch im Mittelalter glaubte man dies nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Flache_Erde
Neuere Untersuchungen insbesondere seit den 1990er Jahren zeigten, dass „außer sehr wenigen Ausnahmen seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. keine gebildete Person in der Geschichte des Westens glaubte, die Erde sei flach“, und dass die Kugelgestalt der Erde stets die dominante Lehrmeinung blieb. Die moderne Fehlannahme, dass der mittelalterliche Mensch an eine scheibenförmige Erde glaubte, fand erst im 19. Jahrhundert Verbreitung, vor allem aufgrund von Washington Irvings Erzählung Das Leben und die Reisen des Christoph Columbus (1828).
Differenzen gab es über die korrekte Bestimmung des Erdumfangs sowie über die Bewohnbarkeit der gegenüberliegenden Erdhälfte. Btw Columbus hat sich hier (Erdumfang, Entfernung Indien) dermassen verrechnet, das es gut war das Amerika noch "dazwischen war".
Und auch beim Kampf Galileo Galilei vs Kirche (gg, rematch ging anders aus) ging es nicht um Scheibe vs Kugel, sondern um geo- vs. heliozentrisches Weltbild. Sonne oder Erde im Mittelpunkt des Universums.
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Ein kurzer Ausflug zu den "urban legends". "Hoax" ist wieder ein anderes Thema.
Das die
Titanic auf ihrer schicksalsträchtigen Jungfernfahrt einen neuen Rekord aufstellen sollte und um das
Blaue Band kämpfte ist auch so eine Sache, die meist von älteren Menschen geglaubt wird.
Die drei Schiffe Olympic, Titanic und Britannic der Olympic-Klasse waren als Rekordschiff ungeeignet, sie waren mit maximal 22 Knoten außer Stande, der 26 Knoten schnellen Mauretania den Rang abzulaufen.
Weshalb also der Hinweis oben "ältere Menschen"?
Der Irrglaube stammt hauptsächlich aus dem deutschen Propagandafilm Titanic von 1943, der auch ansonsten kaum der Wahrheit entspricht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Titanic_(1943)
Solche Dinge können sich aber über Generationen lange halten.
Auch gerne gehört und als Beispiel verwendet:
Spinat enthalte besonders viel Eisen
Teflon sei ein Nebenprodukt der Raumfahrt
Eskimos hätten hundert Wörter für „Schnee“
Wer seinem Vermieter drei potenzielle Nachmieter vermittele, sei von der Kündigungsfrist befreit
Einstein war ein schlechter Schüler
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Warum nun dies alles?
Nein, es geht nicht darum Schlaubi-Schlumpf zu spielen oder zu denken das man Alles besser weiß.
Zuerst ist Geschichte eines meiner Steckenpferde, deshalb die persönliche Motivation.
Interessant ist wie solche Irrtümer in die Welt gelangt sind und sich hartnäckig halten.
Man sollte sich also nie zu sicher sein, das eine Sache so ist wie man meint zu glauben.
Ob privat oder im Beruf, wie oft hört man "das ist so" oder "das weiß man doch".
Oft ist es besser etwas zu hinterfragen, als mit voller Inbrust etwas zu behaupten.
Es gibt bestimmt viele Dinge, von denen ich überzeugt bin das sie so sind, aber doch nicht so sind/waren.
Wer hat noch weitere Beispiele von populären Irrtümer der Geschichte?