Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »AtroX_Worf« (27.09.2008, 20:07)
Zitat
Original von AtroX_Worf
Das Beispiel ist von Thomas Schelling, einem Nobelpreisträger. Die Auflösung kann also ganz sicher nicht sein, dass er ein Vorzeichen vergessen hat.
Es geht hier im eigentlichen Sinn um Progression und die Blickrichtung, aus der man auf einen Sachverhalt schaut.
Ausgangslage war, dass man zur Förderung von Kindern Paaren eine Steuerentlastung einräumt. Um uns nicht im Dickicht von Steuern zu bewegen übersetze ich mal, dass eine Steuererleichterung das gleiche ist wie keine Steuererleichterung und eine Auszahlung in Höhe der Steuererleichterung: Ob ich jetzt von Anfang an weniger Steuern zahle oder meinen alten Betrag, dann aber das zuviel gezahlte wieder bekomme bleibt sich gleich (betrachten wir es alles zu einem Zeitpunkt und nicht im Zeitablauf).
Solch eine Kinderförderung hätte Erfolg, weil mit der Zahlung für Kinder die relativen Preise für ein Kind sinken würden, d.h. die Nachfrage nach Kindern steigt (ganz einfach gesehen).
Der nächste Punkt ist die Ausgestaltung der Förderung, die alte Leier Kopfpauschale vs prozentuale Koppentlastung am Einkommen.
Bei der Kopfpauschale gibt es keinen Unterschied zwischen armen und reichen Paaren, beide haben 2 Köpfe.
Bei einer progressiven Koppelung der Förderung am Einkommen würde man armen Familien eine höhere Steuerentlastung als reichen Familien gewähren, i.e. arme Familie erhalten für jedes Kind einen höhren Betrag ausgezahlt als reiche Familien.
Schelling meint, eine Mehrheit seiner Studenten empfindet dies gerecht.
Jetzt verändert Schelling nur die Perspektive: Anstatt das "Ausgangspaar" als kinderlos zu definieren und folglich jedem Ausgangspaar mit Kindern eine Förderung zukommen zu lassen, definiert er das "Ausgangspaar" jetzt als mit Kindern. Folglich muss jedes Paar ohne Kinder eine "Strafe" zahlen. Man kann sich leicht überlegen, dass dies genau das gleiche wie gerade beschrieben ist, es fließen die gleichen Zahlungsströme.
Schauen wir uns noch einmal die Höhen an: Wir hatten gesagt, dass arme Familien Dank der Progression einen höheren Betrag ausgezahlt bekommen als reiche. Nach dem Perspektivwechsel ist es gleichbedeutend damit, dass arme Familien ohne Kinder eine höhere Strafe bezahlen müssen als reiche Familien ohne Kinder.
Für die meisten Leute klingt der erste Vorschlaf fair, der zweite unfair.
In Schellings Beispiel macht er es übrigens genau umgedreht, er lässt die Höhe der Steuergutschrift, also den Betrag, den die Familien kommen, direkt mit dem Einkommen variieren, d.h. reichere Familen bekomme auch mehr Geld für ein Kind. Nach dem Perspektivwechsel müssten reichere Familien dann natürlich auch eine höhere Strafe als ärmere Familien zahlen. Für viele klingt der erste Vorschlag unfair, der zweite jedoch fait, obwohl sie identische Ergebnisse liefern.
Der Punkt ist als der Perspektivwechsel: Ich habe einen bestimmten Sachverhalt, an den ich einen Zahlungsstrom knüpfen möchte. Zum einen kann ich einen Ausgangspunkt als "ohne spezifischen Sachverhalt" definieren und alle, welche den Sachverhalt erfüllen erhalten Zahlungen. Zum anderen kann ich "mit spefizifischen Sachverhalt" als Ausgangspunkt setzen und alle ohne den Sachverhalt müssen eine Strafe zahle.
Baut man jetzt ein Porgressionsschema bei der Zahlung ein, so nehmen viele Menschen den identischen Schverhalt unterschiedlich war, je nach Ausgangsposition. Es ist gerecht, wenn ärmere mehr Geld bekommen, erfüllen sie den spezifischen Sachverhalt - es ist aber umgedreht nicht gerecht wenn ärmere mehr Geld bezahlen müssen, erfüllen sie einen spezifischen Sachverhalt nicht.
Hoffe es war so verständlich. Malone, alles klar jetzt?