@borgg: Nee, Vollgeld ist kein Freigeld, sondern nur Zentralbankgeld. Aber es ist für Zentralbanken recht schwer Inflation über die Geldmenge zu steuern, daher tun sie dies einfacher über den Zins, erst danach über die Geldmenge. Außerdem funktioniert Inflation nicht so einfach, dass sich eine Ausweitung der Geldmenge sofort und in dieser Höhe in Inflation wiederspiegelt - siehe die Negativbeispiel in den letzten Jahren.
Der Gedanke, dass die Zentralbank die Geldmenge viel besser an die reale Produktivität koppeln könnte ist verlockend. Aber zum einen gibt es auf dieser Front recht wenig Probleme, die Zentralbanken machen eigentlich einen guten Job die Inflation zu beherrschen. Wo dies nicht geschieht, da haben sie entweder auch andere Mandate (USA), oder sie weichen aufgrund von püolitischem Druck von ihrem Mandat ab (ECB leicht, jetzt wieder in Rückbesinnung). Zum anderen ist fraglich, ob und wie Zentralbanken den realen Bedarf messen und beurteilen sollen. Dies machen ja auch Geschäftsbanken, indem sie Businesspläne beurteilen und dann entscheiden, ob er sinnvoll erscheint und sie einen Kredit vergeben wollen (für den sie ja dann auch selbst haften). Dieses dezentrale Steuerungselement könnte eine Zentralbank nicht sinnvoll übernehmen, sie könnte nur indirekt über Statistiken arbeiten und die Geldmenge immer nachträglich, oder in Prognose, anpassen.
Außerdem ist der Prof. Soziologe, die ticken bei solchen Dingen immer nochmal etwas anders. Die denken imho viel zu sehr in Institutionen und was schön und wünschenswert aus bestimmten Gründen wäre, aber ob dieser Zustand stabil wäre, überhaupt vom aktuellen sinnvoll implementiert werden könnte etc., darüber denken sie eher wenig nach.
imho sollte man erstmal richtig das aktuelle Finanzsystem und die Zusammenhänge von Geld(menge), Zins, Inflation, Produktivität und menschlicher Reaktion darauf begreifen, bevor man solche krassen reformatischen Vorschläge macht. Aber das sehe ich wohl eher als Wirtschaftswissenschaftler als als Soziologe. Die Idee erscheint mri viel zu sehr eine "Kopfgeburt" zu sein, nach der Marke "wir träumen uns mal eine neue, schönere Welt", ohne überhaupt verstanden zu haben, wie die aktuelle Welt funktioniert und ob diese neue Welt in der Realität wirklich besser wäre.
Aktuell haben wir auch einiges an Erfahrung, in einem neuen System müssten wir diese Erfahrung erst neu machen - wer weiß, mit welchen sozialen Kosten.
Das Geldsystem sehe ich nicht als Problem, eher die demokratieimanente Tendenz zur Verschuldung, außer ein Land hat große Ressourcenvorkommen (Norwegen). Dann die engen Verflechtungen auf vielen Märkten, welche destabilisierend wirken. Nur sind das alles keine einfachen Probleme, wo es gute Lösungen für gibt. Aber wenigstens kann man sich da dran machen zu verstehen und Lösungsansätze zu erarbeiten, als mal wieder solch eine, typisch deutsche, Radikallösung vorzuschlagen.