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04.12.2009, 14:00

Pamphlet Wider des deutschen Anlegerschutzes

Zitat

Harald Uhlig: Warnung vor Überregulierung der Finanzmärkte
Ist es einer erwachsenen Deutschen Person, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und in der Lage, im Beruf schwierige Aufgaben zu meistern, erlaubt, sich optimal am Finanzmarkt abzusichern und Risiken zu minimieren? Ist es nicht, jedenfalls nicht ohne Hürden. Das Wertpapierhandelsgesetz schreibt bei der Eröffnung eines Wertpapierdepots nämlich vor, daß der Finanzdienstleister seinen Kunden beraten (und ob das eine “Beratung” oder doch eher ein “Verkaufsgespräch” ist, will hier lieber nicht auch noch beleuchten!) und in eine von fünf Risikoklassen einteilen muß. Ist man in Risikoklasse eins, so darf man nur Bundesschatzbriefe, Geldmarktfonds und ähnliches mehr kaufen. Leerverkäufe deutscher Aktien und eine weltweit gestreute Anlage in ausländische Aktien (inklusive Schwellenländern) geht selbst in Risikoklasse vier noch nicht: das ist erst in Risikoklasse fünf erlaubt.

Insgesamt ein unterhaltsam zu lesendes Pamphlet gegen undurchdachte Auswüche im Zuge der internationalen Finanzmarktregulierung im allgemeinen und der deutschen Wertpapierregulierung im speziellen.

Vor allen der von mir zitierte Teil ist wichtig. Man ist in Deutschland wieder einmal der Meinung, dass man erwachsende Menschen vor sich selbst schützen muss. Wer wirklich, bzgl. sehr vieler Risikomaße, ein niedrigrisikoreiches Portfolio haben möchte, muss sich schizophrener Weise in Risikoklasse 5 einordnen lassen.
Dabei sollen die Risikoklassen ja bewusst nicht die Erfahrung des Anlegers wiederspiegeln, sondern es sind wirklich auch Risikoklassen gemeint. Was ich auch schon öfters hier im Masters geschrieben habe: Es macht in einem Portfoliokontext Sinn, ca. 2-5%, in Spezialfällen auch mal deutlich mehr, in Leerverkäufe zu stecken.
Nebenbei ist diese Regleung vor allem makroökonomisch kontraproduktiv:

Zitat

Ein Nebenphänomen dieser Regulierung ist, daß es nicht viele Anleger gibt, die Leerverkäufe von Aktien machen dürfen, also auf fallende Kurse spekulieren können. Das ist nämlich erst in Kategorie fünf erlaubt. Merke: folgt man manch öffenticher Diskussion, so sind es insbesondere spekulative Blasen der Überbewertung auf Finanzmärkten, die hinterher zu großen Problemen führen. Wie können aber Anleger auf Finanzmärkten dazu beitragen, daß solche erkennbaren Blasen gar nicht erst zu sehr wachsen? Sie haben es erraten: sie müssten dann auf fallende Kurse spekulieren. Und da stellt sich heraus: das ist – aus regulatorischen Gründen! – nicht einfach. Wer also “Finanzmarktblase” sagt und den Finger zeigen will, der sollte gleich auf die Regulierung zeigen, die daran dann sicherlich ein gutes Stück Schuld trägt. Zum Glück gibt es einige Institutionen, die diese Funktion auf Finanzmärkten erfüllen: einige davon sind unregulierte Hedge Funds. Nun will man aber dazu übergehen, jede Finanztransaktion zu regulieren. Und dann, so darf man sicher schließen, zerstörerische Blasen nur noch wahrscheinlicher machen? Na, prost Mahlzeit.

Als Leerverkäufer sagt man explizit: "Ich glaube dir deine Story nciht und denke du bist überbewertet, d.h. ich setzte darauf, dass dein Aktienkurs sinken wird."
Zerstört man diese Symmetrie, wird es für große Anlegerklassen nur noch möglich sein, auf eine Richtung zu setzen. Das dies im Allgemeinen die Blasenbildung nicht vermindern kann, sollte heuristisch einleuchtend sein.

Wie mich Gesetze aufregen, die einen mündigen Bürger gängeln und, wenn man sie mal nicht aus der Einzelperspektive sondern im Aggregat betrachtet, sehr schlechte Auswikrungen haben können.

Das ist jetzt auch keine ökonomisch höhere Bildung, nach einem ordentlichen Ökonomie-Studium bzw. ein paar Kapitalmarkttheorie-Vorlesungen sollte dieser Sachverhalt jedem einleuchten.

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04.12.2009, 14:43

1. kriegt ein Kunde, der will und wo der Berater so halbwegs sieht es geht, die höchste Risikoklasse, wenn er will. War schon immer so und wird auch immer so bleiben, weil die Bank Geschäfte machen will.

2. Werden auch in Zukunft an den Börsen Menschen massenhaft abgezockt und damit wird es nach der nächsten Krise wieder nötig die Regeln zu verschärfen. War auch schon immer so.

3. Waren Leerverkäufe in Deutschland schon immer heikel. Das lies sich aber schon immer umgehen.

Zitat

Wie mich Gesetze aufregen, die einen mündigen Bürger gängeln und, wenn man sie mal nicht aus der Einzelperspektive sondern im Aggregat betrachtet, sehr schlechte Auswikrungen haben können.


hahaha, der Makroökonomiker aus dem Elfenbeinturm hat gesprochen. :bounce:

edit: lol, ich woltle noch sage, die Bewertung ist schon ok. Das ist nämlich nötig, damit man die Berater später verklagen kann, wenn sie Mist bauen und wieder mal einer z.B. alten Oma Müllpapiere angedreht haben. Deine Überschrift ist einfach ein geschmackloser Hohn. Der Anlegerschutz kann nie gut genug sein. Denn man darf sich keine Illusionen machen. In der Regel werden alle Gesetze für den Kapitalmarkt von Lobbyisten geschrieben. Also den Banken wird das alles nicht besonders schaden und sie werden sicher wieder ein Schlupfloch finden. Das ist schliesslich ihr Geschäft.

Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Ede G« (04.12.2009, 14:52)


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05.12.2009, 14:09

Ach Worf, manchmal stellst du dich echt an.

Es ist doch vollkommen klar, dass in diesem Sinn nicht das ökonomische Risiko gemeint ist. Vielmehr handelt es sich um ein Risiko aufgrund mangelnden Wissens/Informationen.

Nehmen wir die alte Oma, die keine Ahnung von all den Finanzinstrumenten hat, die du alle so liebst. Die lässt sich in Stufe 1 einstufen und ist damit auch sehr gut beraten. Mit Bundesschatzbriefen und Geldmarktfonds ist sie auch sehr gut beraten.

So ein Überflieger wie du kann sich dann ja aber ohne Probleme in Risikostufe 5 einstufen lassen und kann dann mit all den schönen Finanzinstrumenten rumspielen, die es gibt. Sehe da echt nicht dein Problem.

Im Endeffekt geht es darum, dass die Banken den Kunden nicht etwas aufschwatzen, wovon die Kunden nichts verstehen, und die alte Oma dann nicht mit Lehman Zertifikaten dasteht, obwohl sie eine sichere Anlage wollte.

Im Endeffekt müsste man statt Risikoklasse einfach den Begriff Schwierigkeitsstufe nehmen, und dann dürftest selbst du damit kein Problem mehr haben.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »MMC|vonBismarck« (05.12.2009, 14:10)


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05.12.2009, 18:45

Das Problem sind ja dann wohl eher die "andrehenden Berater", die nicht in der Mehrheit sind. Vielleicht sollte man da lieber Ursachenbewältigung betreiben, anstatt Bürger in ihren Finanzentscheidungen quasi zu entmündigen.